... auf den Punkt gebracht

Die Preissteigerungen bei Baumaterialien hatten durch den Krieg in der Ukraine einen weiteren Schub bekommen. Seit Mitte 2022 ist eine Beruhigung bei einzelnen Produkten festzustellen.

 
25.09.2023

 

Die Preissteigerungen bei Baumaterialien hatten durch den Krieg in der Ukraine einen weiteren Schub erhalten. Monatelang kannten die Preise nur eine Richtung: nach oben. Seit Juli 2022 konnte bei einigen Materialien allerdings eine leichte Preisberuhigung beobachtet werden. Dies konnte die Steigerung in den Vormonaten aber nicht vollständig ausgleichen. Das Preisniveau lag im August 2023 bei den meisten Baumaterialien noch über dem Niveau vom Jahresbeginn 2021, dem Beginn der starken Preissteigerungen (siehe Grafik unten).

So lag der Erzeugerpreis für Bitumen aus Erdöl im August 2023 - trotz eines Rückgangs im zweiten Halbjahr 2022 - immer noch um 66 % über dem Niveau von Januar 2021. Dies hatte sich zwischenzeitig auch auf den Preis für Asphalt ausgewirkt, der im August noch um 3,8 % über dem Vorjahresniveau lag. Die Preisberuhigung bei Bitumen hat im Februar 2023 allerdings ein vorläufiges Ende gefunden: Der Ausfall der Bitumenproduktion in Schwedt - seit Januar fließt nach einer Entscheidung der Bundesregierung wegen des Ukraine-Kriegs kein russisches Öl mehr über die Pipeline Druschba nach Deutschland – und die damit einhergehende Angebotsverknappung ließ den Erzeugerpreis für Bitumen seitdem wieder steigen.

Bei Dieselkraftstoff, welcher für Baumaschinen benötigt wird, hat sich der Preisrückgang im Frühjahr (Mai 23 / April 23: -6,1 %) nicht fortgesetzt, der Preis verharrte im Juni auf dem Niveau des Vormonats und legte im Juli und insbesondere im August binnen Monatsfrist wieder zu (+2,6% bzw. +8,2 %). Diese Entwicklung ist u.E. auf die verlängerte Ölförderkürzung durch Länder wie Saudi-Arabien und Russland und dem damit einhergehenden Angebotsmangel zurückzuführen. Der Preis lag im August zwar unter dem Niveau des Vorjahres (-9,2 %) - allerdings mit abnehmender Tendenz - aber noch deutlich über dem Niveau von Januar 2021 (+42,4 %). Dies ist für die Unternehmen besonders belastend, da fast die Hälfte des Energieverbrauchs im Baugewerbe auf Diesel entfällt.

Die Materialengpässe und Energiepreissteigerungen hatten sich zwischenzeitig auch auf die Stahlpreise ausgewirkt, aber auch hier war seit Sommer 2022 eine Beruhigung zu beobachten. Der Preis für Betonstahl in Stäben liegt mittlerweile (August 2023) sogar wieder deutlich unter dem Niveau des vergleichbaren Vorjahresmonats (- 35,5 %), aber immer noch um 10,2 % über dem Niveau von Januar 2021. Es ist aber davon auszugehen, dass sich die Beruhigung fortsetzen wird, schließlich ist der Großhandelsverkaufspreisindex für Abfälle und Schrott aus Eisen und Stahl weiter rückläufig.

Es ist somit zu hoffen, dass es sich bei der seit Juli 2022 zu beobachtenden Beruhigung bei einigen Produkten – auch angesichts der starken Preisschwankungen der vergangenen Monate – um eine nachhaltige Entwicklung handelt. Im Frühsommer 2023 wurden die steigenden Energie- und Rohstoffpreise allerdings noch als deutliches Risiko für die wirtschaftliche Entwicklung des eigenen Unternehmens wahrgenommen: Im Rahmen der DIHK-Umfrage gaben dies immerhin noch 72 % der befragten Bauunternehmen an, zu Jahresbeginn 2021 waren es nur 35 %.

Die zwischenzeitig stark gestiegenen Energiekosten haben vor allem die in ihrer Produktion besonders energieintensiven Produkte besonders belastet. Bei den Preisen für Zement und Transportbeton konnte zwar eine leichte Beruhigung festgestellt werden, sie liegen aber immer noch sehr deutlich über dem Vorjahresniveau.

Bei der Interpretation der o. g. Preissteigerungen muss berücksichtigt werden, dass es sich bei den Werten um Durchschnittswerte handelt, die Preissteigerungen - bzw. aktuell die Preisrückgänge - können somit auch vereinzelt deutlich höher ausfallen. So fließen in die Erzeugerpreise neben Preisen aus Neuverträgen auch Preise aus langlaufenden Verträgen ein. Auch muss man berücksichtigen, dass es sich nur um Preise, der in Deutschland erzeugten und im Inland verkauften Produkte handelt. Im- und Exporte werden in dieser Statistik nicht berücksichtigt. [Anmerkung: Die Indizes werden ohne MwSt. ausgewiesen.]

Gründe für die zwischenzeitig deutlichen Preisanstiege sind begrenzte Lieferkapazitäten der Hersteller, steigende Produktionskosten durch die Energiepreissteigerungen, aber auch fehlende Transportkapazitäten. Gleichzeitig wurden bei den Erzeugern - auch aufgrund der zwischenzeitig stark gestiegenen Energiekosten - Kapazitäten abgebaut oder Produktionen ganz eingestellt. Des Weiteren waren Lieferketten unterbrochen, zusätzlich herrschte Container- und Hafenpersonalmangel sowie ein Stau von Frachtschiffen und überfüllte Depots in einzelnen Häfen, zuletzt auch hervorgerufen durch vereinzelte Streiks des Hafenpersonals. Auch wurde vermehrt über „Hamsterkäufe“ zur Vorbeugung gegen weitere Preissteigerungen und Materialknappheiten berichtet, welche die Nachfrage und somit die Preise erhöhten.

Wie sich das zwischenzeitige Niedrigwasser im Rhein und die damit einhergehende Verknappung von Transportkapazitäten auf die Transport- und somit auf die Materialkosten auswirken wird, bleibt erst einmal abzuwarten.

Von den Knappheiten war eine noch nie dagewesene Anzahl an Unternehmen betroffen: Im Durchschnitt der Jahre 1991 bis 2020 gaben nicht einmal 1 % der im Rahmen des ifo Konjunkturtests befragten Bauunternehmen an, in ihrer Bautätigkeit durch Materialknappheit betroffen zu sein, im Mai 2022 - aufgrund der Verwerfungen durch den Krieg in der Ukraine – war es jeder zweite. Ab Juni 2022 konnte aber wieder eine anhaltende Beruhigung festgestellt werden: Der Anteil lag im August 2023 nur noch bei 3 %.

Für Bauunternehmen liegt das Problem von unerwartetstarken Preissteigerungen darin, dass diese bei langlaufenden Projekten - deren Preis schon vorher vereinbart wurde - nicht oder nur in Ausnahmefällen an die Auftraggeber weitergegeben werden können – sofern keine Preisgleitung vereinbart wurde. Das Risiko stark steigender Preise kann entweder nur durch langfristige Lieferverträge, Preisgleitklauseln oder entsprechende Kostenpuffer im Angebot abgesichert werden. Letzteres ist bei der ausgesprochen volatilen Preisentwicklung der vergangenen Jahre, bei steigendem Konkurrenzdruck und der Neigung öffentlicher Auftraggeber, regelmäßig das billigste Angebot anzunehmen, aber nicht immer möglich. Es besteht somit die Gefahr, dass die – in den vergangenen Jahren mühsam aufgebaute – Eigenkapitalausstattung bei sinkenden Margen wieder abschmilzt und das Insolvenzrisiko im Baugewerbe wieder steigt.

Nach einem moderaten Preisanstieg für Leistungen des Bauhauptgewerbes im Jahr 2020 von 2,4 % (ohne MwSt.) haben die Baupreise nach Berechnungen des Statistischen Bundesamtes 2021 und insbesondere 2022 deutlich angezogen: Sie lagen im Jahresdurchschnitt 2021 um 7,5 % und 2022 um 16,7 % über dem Vorjahresniveau. Aufgrund der aktuellen Preisberuhigung bei einzelnen Baumaterialien und des mittlerweile erreichten hohen Niveaus liegen die Preisprognosen für 2023 (für die gesamten Bauinvestitionen) im Durchschnitt der Wirtschaftsforschungsinstitute bei 8 %.

Ob es sich bei der Entwicklung von Januar 2021 bis Sommer 2022 um einen sogenannten Superzyklus handelt, der sich bald fortsetzen wird, oder nur um eine kurzfristige Rallye - aufgrund der verringerten Produktionskapazitäten, der zwischenzeitig stark gestiegenen Nachfrage und der gestörten Lieferketten -, lässt sich jetzt noch nicht absehen. In naher Zukunft wird aber die Energiewende ein großer Treiber der Rohstoffnachfrage und somit der Preise sein. Für die Energiewende werden u.a. Stahl und seltene Erden für Windräder und Elektromotoren sowie Kupfer und Aluminium für den Ausbau der Stromnetze und der IT-Infrastruktur benötigt. Dies sind alles Produkte, die auch in der Bauwirtschaft gebraucht werden. Das Problem: Die steigende Nachfrage trifft in vielen Teilen des Marktes auf ein knappes Angebot. Neben den Knappheiten, die zu Preissteigerungen führen, verteuern auch hohe und zunehmend volatile Energiepreise die Produktion. Insgesamt gehen die meisten Experten davon aus, dass ein merklicher Rückgang der Preise nicht zu erwarten ist, vielmehr werden sie wohl auf hohem Niveau verbleiben.

Siehe auch:
….auf den Punkt gebracht: „Ist die Bauwirtschaft ein Inflationsgewinner?

….auf den Punkt gebracht: „Preisentwicklung im Wohnungsneubau

….auf den Punkt gebracht: „Preisentwicklung im Bau(haupt-)gewerbe

….auf den Punkt gebracht: „Energieverbrauch und Klimaschutz im Baugewerbe – Eine Datensammlung.