Die Bauwirtschaft passt ihre personellen und maschinellen Kapazitäten fortlaufend an die Nachfrage nach Bauleistungen an. Aufgrund der langen Baurezession von 1995 bis 2005 bauten die Baufirmen zu Beginn des Bauaufschwungs neue Kapazitäten erst nur verhalten auf. Ab 2010, als erwartet wurde, dass es sich um einen nachhaltigeren Aufschwung handelt, wurde jedoch vermehrt Personal eingestellt. Das Bauhauptgewerbe hat seit dem Beschäftigten-Tiefpunkt im Jahr 2009 bis 2021 ca. 460.000 Personen eingestellt, abzüglich der Rentenabgänge war dies ein Plus von 207.000 Personen. Für 2022 erwartet der HDB einen Anstieg von 1% bzw. ca. 9.000 Beschäftigten auf 920.000 Beschäftigte im Bauhauptgewerbe, nach einem Plus von 18.800 in 2021. Die deutsche Bauwirtschaft ist insoweit in der Lage, neue Aufträge zu bearbeiten. Wenn diese positive Entwicklung des Beschäftigungsaufbaus weitergehen soll, benötigen die Baufirmen allerdings Vertrauen in eine stabile baukonjunkturelle Entwicklung. So kann z. B. auch durch eine Verstetigung der öffentlichen Bauinvestitionen eine ständige Kapazitätsanpassung nach oben oder unten vermieden werden.
Aktuelle Situation
Die personellen Kapazitäten am deutschen Bauarbeitsmarkt sind angespannt: Seit Jahren liegt die Zahl der neu für die Branche gewonnenen gewerblichen Auszubildenden im ersten Lehrjahr (2021: 13.560) deutlich unter der Zahl der pro Jahr in den Ruhestand verabschiedeten Bauarbeiter (2021: ca. 15.000) – und dass trotz prosperierender Baukonjunktur und wieder steigender Lehrlingszahlen. Zudem sind Arbeitskräftereserven auf dem deutschen Bauarbeitsmarkt nur noch begrenzt vorhanden. Bei den Bauingenieuren übersteigt seit dem Frühjahr 2015 die Zahl der offenen Stellen die der Arbeitslosen. Aber auch bei den gewerblichen Fachkräften gibt es seit kurzem einen Engpass: Bis März 2018 lag die Zahl der arbeitslosen Baufacharbeiter mit bauhauptgewerblichen Berufen noch deutlich über der Zahl der offenen Stellen. Danach hat sich das Verhältnis - zumindest in den Monaten April bis November - umgekehrt: Im produktionsstarken Monat November 2021 kamen auf 17.000 offene Stellen nur noch 12.450 Arbeitslose.
Vor diesem Hintergrund ist es nicht verwunderlich, dass viele Unternehmen im Fachkräfteengpass die größte Gefahr für das weitere Wachstum sehen: Trotz Corona-Krise gaben im Rahmen der DIHK-Umfrage zu Jahresbeginn 2022 78 % der befragten Bauunternehmen den Fachkräftemangel als Risiko für die wirtschaftliche Entwicklung ihres Unternehmens an. In der Industrie beklagten dies nur 59 %.
Die deutsche Bauindustrie und ihre Unternehmen haben deshalb eine Vielzahl von Maßnahmen eingeleitet, um dem drohenden Fachkräftemangel zu begegnen. Diese sind im Einzelnen:
Trotz dieser vielen Maßnahmen ist die Lage auf dem Bauarbeitsmarkt nach wie vor angespannt: Im Februar 2022 gaben im Rahmen einer ifo Umfrage 22 % der Befragten an, dass ihre Bautätigkeit durch Fachkräftemangel behindert werde.
Siehe auch:
…auf den Punkt gebracht: „Fluktuationsquote im Bauhauptgewerbe“
…auf den Punkt gebracht: „Mehr Bauingenieurinnen am Bau“
…auf den Punkt gebracht: „Beschäftigung von Flüchtlingen in der Bauwirtschaft“
Präsentation „Bauarbeitsmarkt“ (abzurufen über ELVIRA)
Präsentation „Frauen am Bau“ (abzurufen über ELVIRA)