Die Gerätekapazitäten der Bauunternehmen sind seit einigen Jahren gut ausgelastet: Die Firmen des Bauhauptgewerbes meldeten im Rahmen des ifo Konjunkturtests im Durchschnitt des Jahres 2022 eine (saisonbereinigte) Maschinenauslastung von 78,7 %. Diese lag nur unwesentlich unter dem höchsten Jahres-Durchschnitts-Wert 2018 mit 78,8 % und sogar noch über dem Vorjahresdurchschnittswert von 77,9 %. Somit war die Auslastung der Baumaschinen - trotz des Krieges in der Ukraine und der damit verbundenen Materialknappheiten - vergleichsweise hoch: Im langjährigen Durchschnitt von 1991 bis 2022 lag sie lediglich bei 68,7 % und im Durchschnitt der Jahre des Bauaufschwungs 2006 bis 2021 bei 73,2 %.
Seit Frühjahr 2022 hat die Geräteauslastung allerdings sukzessive abgenommen: Von 82 % im März auf 76,4 % im April 2023. Die Auslastung kann allerdings je nach Branche und Region unterschiedlich ausfallen. Das ifo Institut veröffentlicht die Kapazitätsauslastung aber nur für das Bauhauptgewerbe insgesamt und für den Hoch- und Tiefbau. Nach Regionen gibt es nur Daten für West- und Ostdeutschland insgesamt sowie für Bayern, Sachsen und NRW. Demnach lag die Auslastung im Jahresdurchschnitt 2022 im Tiefbau in Sachsen mit 75,3 % am niedrigsten und im Hochbau in NRW mit 82,4 % am höchsten. Im April 2023 lag die saisonbereinigte Auslastung im Tiefbau in Sachsen mit 72,6 % am niedrigsten und im Tiefbau in NRW mit 79 % am höchsten.
Auch wenn die Auslastung der Maschinen im Bauhauptgewerbe in der langjährigen Entwicklung vergleichsweise hoch ausfällt, gibt es noch Luft nach oben. Die Auslastung im Bauhauptgewerbe liegt noch deutlich unter der Vollauslastung und auch im Vergleich zu anderen Branchen fällt sie niedriger aus: So lag die Auslastung der Unternehmen des Verarbeitenden Gewerbes (VG) - trotz Lieferkettenproblematik, Materialmangel und Preissteigerungen - im April 2023 (die Angaben des VG werden nur für den Quartalsbeginn erhoben) bei 84,8 % und damit noch deutlich über der des Bauhauptgewerbes von 76,4 %.
Dass die Kapazitätsauslastung im Bauhauptgewerbe im Vergleich zum Verarbeitenden Gewerbe in den vergangenen Jahren – trotz der bis 2021 prosperierender Baukonjunktur - niedriger ausfällt (siehe Grafik unten), ist darauf zurückzuführen, dass die Baubetriebe ihre Kapazitäten deutlich erweitert haben: Die Unternehmen des Baugewerbes haben ihre Investitionen in neue Maschinen von 3 Mrd. Euro in 2006 auf 7,8 Mrd. Euro in 2021 und damit um 164 % erhöht. Die Unternehmen des Verarbeitenden Gewerbes haben ihre Investitionen im gleichen Zeitraum lediglich um 22 % erhöht.
Die Kapazitätserweiterung im Baugewerbe könnte aber 2023 – aufgrund der nach wie vor deutlichen Abschwächung der Baukonjunktur - zum Erliegen kommen: So gab im Rahmen der DIHK Konjunkturumfrage zum Frühsommer 2023 nur noch 17 % der befragten Bauunternehmen an, in den kommenden 12 Monaten ihre Investitionen erhöhen zu wollen, 31 % planen hingegen, die Investitionen zu reduzieren. Der Saldo (zwischen dem Anteil derer, die ihre Investitionen erhöhen wollen und denen, die sie verringern wollen) liegt mit minus 14 Punkten zwar über dem Wert zu Jahresbeginn mit minus 17 Punkten, im Branchenvergleich ist dies aber der mit Abstand schlechteste Wert.
Hinzu kommt auch der Umstand, dass bei der Investitionstätigkeit – aufgrund der derzeitigen Unsicherheiten - die Bedeutung der Kapazitätserweiterung wieder an Gewicht verloren hat: Nur 17 % der befragten Bauunternehmen gaben dies im Rahmen der Umfrage zum Frühsommer 2023 als Motiv für ihre Investitionen an, im Herbst 2021 – also vor dem Krieg in der Ukraine – lag der Anteil noch bei 22 %. Auch das Motiv der Produktinnovation hat an Bedeutung verloren: So gaben dies nur noch 16 % der Befragten als Motiv an, im Herbst 2021 lag der Anteil noch bei 23 %.
Siehe auch:
….auf den Punkt gebracht: „Fachkräftesituation im Bauhauptgewerbe“