... auf den Punkt gebracht

Öffentliche Bauinvestitionen

 

03.07.2023

 

Bund, Länder und Gemeinden sind für die Unternehmen des Bauhauptgewerbes wichtige Auftraggeber. Im langfristigen Durchschnitt entfallen nahezu 30 % des Branchenumsatzes auf den Öffentlichen Bau. Nach dem starken Wachstum zu Beginn der 1990-er Jahre (vor allem in den neuen Bundesländern) gingen die staatlichen Ausgaben für Baumaßnahmen stetig zurück. Die öffentliche Bautätigkeit erreichte - nach dem Auslaufen der Konjunkturprogramme - im Jahr 2012 ihren zwischenzeitlichen Tiefpunkt.

Seitdem gab es bis 2022 einen (nominalen) Anstieg um 56 % (Bund 40 %, Länder 42 %, Gemeinden 68 %), der sogar etwas höher ausfiel als die Zunahme der Steuereinnahmen. Dieser Anstieg wurde aber seit 2017 durch stärker steigende Baupreise etwas, und 2021 komplett entwertet. 2022 gab es - wegen der starken Baupreissteigerung - zwar ein nominales Wachstum von 14 %, real bedeutete dies aber einen Rückgang von 2 %.

Bund

Die Bauinvestitionen des Bundes betreffen vor allem den Verkehrsbereich. Maßgeblich ist die Investitionslinie Verkehr (allerdings werden die Investitionen der DB AG in die Schienenwege, in die die Zuschüsse des Bundes fließen, im Wirtschaftsbau verbucht). Hier lag der Tiefpunkt der Investitionen im Jahr 2014, bis 2022 (vorläufige Zahlen) gab es eine nominale Zunahme von immerhin 87 %. Angesichts der bis Ende 2022 wieder stark angestiegenen Staatsverschuldung steht aber zu befürchten, dass dieses Wachstum zu Ende geht.

Länder

Die Informationen zu den Haushaltsplanungen der Länder sind dünn, seit etliche Länder den Straßen­bau (der einen erheblichen Anteil an den gesamten Ausgaben für Baumaßnahmen hat) aus den Haushalten in Eigenbetriebe ausgelagert haben.

Angesichts der guten Haushaltslage hatten einige Bundesländer ambitionierte Investitionsprogramme vorgesehen. Ob diese vor dem Hintergrund der hohen Verschuldung und nicht mehr so stark steigenden Steuereinnahmen tatsächlich realisiert werden, steht in Frage.

Gemeinden

Bei den Städten und Gemeinden begann der starke Anstieg bei den Bauausgaben erst 2018, fiel bis 2022 dann aber mit 74 % in fünf Jahren sehr deutlich aus. Dabei dürfte sich auch der Kommunalinvestitionsförderungsfonds des Bundes positiv bemerkbar gemacht haben.

Die Prognose zu den Kommunalfinanzen stammt noch aus dem August 2022, seitdem gab es keine neuen Zahlen. Ob die nominale Zunahme der kommunalen Bauinvestitionen um 3,5 % im laufenden Jahr angesichts der hohen Kosten der Unterbringung von Geflüchteten aus der Ukraine noch zu halten ist, bleibt abzuwarten. Bei Baupreisen, die vermutlich um 7 % zulegen werden, wäre aber auch dies ein realer Rückgang.

Nettoanlageinvestitionen

So positiv der bisherige Anstieg - gerade der kommunalen – Bauinvestitionen auch ist, bei genauer Betrachtung muss die Entwicklung allerdings relativiert werden. Das Statistische Bundesamt ermittelt jährlich auch die Nettoanlageinvestitionen des Staates in Bauten, wobei die (kalkulatorischen) Abschreibungen von den Bruttoinvestitionen abgezogen werden. Ein negativer Wert signalisiert dann einen Werteverzehr der Infrastruktur.

Von 1991 bis 2021 (neuere Werte liegen noch nicht vor) bewegten sich die Nettoanlageinvestitionen des Bundes und der Länder in Bauten um die Nulllinie. Beim Bund waren es kumuliert über die Jahre plus 11 Mrd. Euro. Etwas positiver sieht es bei den Ländern aus, die Nettoanlageinvestitionen summierten sich in den vergangenen 31 Jahren auf plus 21 Mrd. Euro.

Ganz anders die kommunale Ebene: Von 1991 bis 2001 gab es positive Nettoanlageinvestitionen von 44 Mrd. Euro, hervorgerufen vor allem durch die hohen Investitionen in den ostdeutschen Kommunen. Seitdem addierten sich allerdings die negativen Investitionen auf 102 Mrd. Euro. Die kommunale Infrastruktur wurde sozusagen „auf Verschleiß“ betrieben. Der vom Deutschen Institut für Urbanistik berechnete Investitionsstau der Städte und Gemeinden lag denn auch 2021 bei 159 Mrd. Euro.

Trotz der seit Jahren steigenden Steuereinnahmen sind viele hochverschuldete Städte nicht in der Lage, die notwendigen Investitionen in die kommunale Infrastruktur zu finanzieren. Die Bertelsmann-Stiftung kommt in ihrem Kommunalen Finanzreport 2019 zu dem Schluss, dass sich die ökonomischen und finanziellen Differenzen zwischen armen und reichen Kommunen in Zukunft wahrscheinlich weiter verschärfen werden. Diese Entwicklung dürfte durch die Corona-bedingten Probleme noch verschärft werden.

Die Kommission „Gleichwertige Lebensverhältnisse“ des Bundes hat daher im Juli 2019 in ihrem Ab­schlussbericht eine (Teil-)Entschuldung besonders betroffener Kommunen angeregt. Vorbild könnte dabei das Bundesland Hessen sein. Hessen hat 2018 rund 4,9 Mrd. Euro an kommunalen Kassenkrediten in den „Hessenfonds“ - ein Sondervermögen des Landes - transferiert und die Kommunen somit deutlich entschuldet.

Bundesfinanzminister Olaf Scholz hat diese Idee zum Jahresende 2019 aufgegriffen. Er schlug vor, 2.500 der insgesamt 11.000 Kommunen von ihren Schulden zu entlasten. Es gehe dabei um diejenigen Städte und Gemeinden, die von so hohen Schulden belastet würden, dass sie kaum noch handeln könnten. Er möchte damit so etwas wie „eine Stunde Null“ ermöglichen. Damit würde vor allem die Investitionsfähigkeit der betroffenen Kommunen deutlich gestärkt.

Seitdem hat sich allerdings in dieser Sache nichts mehr getan. Die Corona-krise und danach der Krieg in der Ukraine haben - zumindest temporär - den Blick auf andere Politikfelder gelenkt.