Gutachten „Einbindung des Baus in die Planung“
Das Gutachten „Einbindung des Baus in die Planung“ zeigt Optionen zur haushalts- und vergaberechtlichen Umsetzung der Partnerschaftsinitiative „Bauen statt streiten“ der Bauindustrie auf. Die voranschreitende Digitalisierung durch BIM fördert die zunehmende Vernetzung durch Partnerschaftsmodelle. Das Gutachten können Sie »hier downloaden.
Um die Partnerschaftsinitiative durch weitere inhaltliche Impulse voranzutreiben, hat der Hauptverband das Gutachten „Einbindung des Baus in die Planung“ erstellen lassen, das Spielräume im geltenden Haushalts- und Vergaberecht zur Umsetzung von Design-and- Build-Modellen im öffentlichen Hochbau aufzeigt.
Das von der KPMG Law Rechtsanwaltsgesellschaft mbH erstellte und im September 2018 veröffentlichte Gutachten kommt zu dem Ergebnis, dass Partnerschaftsmodelle, bei denen Planung und Bau gekoppelt werden und bauausführendes Know-how frühzeitig in die Planung eingebunden wird, unter den aktuellen vergaberechtlichen Rahmenbedingungen möglich sind. Das Gutachten bezieht sich dabei zwar auf den Bereich Hochbau, das vorgestellte Modell eignet sich aber insbesondere auch für den öffentlichen sowie den privaten Wohnungsbau.
Das Angebot der BAUINDUSTRIE „Bauen statt streiten“ im Kontext der Partnerschaftsinitiative, die anhand einer Konferenz und Broschüre im Juni 2018 öffentlich initiiert wurde (s. a. BAUINDUSTRIE Aktuell 03/2018), wird durch das Gutachten weiter konkretisiert. Dem Grundgedanken des partnerschaftlichen Bauens, d. h. der frühzeitigen Kooperation mit den Bauunternehmen und der daraus folgenden Einbeziehung von bauausführendem Know-how in die Planung wird hiermit ein rechtliches Fundament gegeben.
Das Gutachten vermittelt drei Kernbotschaften:
- Partnerschaftsmodelle sind haushalts- und vergaberechtlich möglich;
- Partnerschaftsmodelle bieten die ideale Grundlage für digitale Kooperation und damit für BIM;
- Die BAUINDUSTRIE muss das Thema für eine verbesserte Praxistauglichkeit weiter vorantreiben.
In dem Gutachten wird die haushalts- und vergaberechtliche Zulässigkeit von Design-and-Build-Modellen anhand eines Zwei- Phasen-Modells im öffentlichen Hochbau beschrieben. Es erfordert auf Grundlage einer funktionalen Leistungsbeschreibung einen einheitlichen Projektvertrag über die Mitwirkung des Bauunternehmens an der Planung (Phase 1) und über seine Bauausführung (Phase 2). Die haushaltsrechtliche Herausforderung für das Zwei-Phasen-Modell besteht darin, dass der Zuschlag an das Bauunternehmen vor der endgültigen Kostenberechnung erfolgen muss. Dies ist entsprechend dem öffentlichen Haushaltsrecht möglich, da vor Abschluss des zweistufigen Vertrags mit dem Bauunternehmen zunächst eine sogenannte Etatreife gegeben sein muss, d. h., Ausgaben für Baumaßnahmen dürfen erst veranschlagt werden, wenn alle Kosten der Baumaßnahme sowie die vorgesehene Finanzierung und ein Zeitplan ersichtlich sind. Dies ist Voraussetzung dafür, dass der Auftraggeber die Vergabe im Zwei-Phasen-Modell einleiten und den Zuschlag erteilen kann.
Der Beginn der Baumaßnahme und damit der Eintritt in die zweite Phase des Projekts darf erst erfolgen, wenn die Baureife gegeben ist, d. h., wenn ausführliche Entwurfszeichnungen und Kostenberechnungen vorliegen. Im Rahmen des Zwei-Phasen-Modells ist dies faktisch das gemeinsam definierte Bausoll auf Grundlage der Genehmigungsplanung sowie der vom Partner auf dieser Grundlage genannte Festpreis. Hinsichtlich der vergaberechtlichen Situation müssen fünf Aspekte beachtet werden: (i) die Vergabereife, (ii) die eindeutige und erschöpfende Leistungsbeschreibung, (iii) die Ermittlung des wirtschaftlichsten Angebots, (iv) das Verbot wesentlicher Änderungen sowie (v) das Losaufteilungsgebot. Das Gutachten beschreibt detailliert, wie diese Herausforderungen gemeistert werden können.
Neben der frühzeitigen Einbeziehung der Baukompetenz in die Planung und der Optimierung des Bauprozesses durch die Nutzung partnerschaftlicher Vertragselemente gehört auch die Förderung der Zusammenarbeit aller Projektbeteiligten auf einer digitalen Plattform (Building Information Modeling, BIM) zum Partnerschaftskonzept der Bauindustrie. Die vollen Potenziale von BIM können nur durch partnerschaftliches Planen, Bauen und Betreiben genutzt werden, wofür das Vergaberecht entsprechend weiterentwickelt werden muss. Wandel durch Digitalisierung ist ein logischer Katalysator für einen Kulturwandel hin zu mehr Partnerschaft am Bau – Digitalisierung erfordert Kooperation. Somit dient das Gutachten auch dahingehend als wichtige rechtliche Unterfütterung.
Allerdings erfordern die im Gutachten angeregten Prozesse ein kulturelles Umdenken! Alle Beteiligten, öffentliche Auftraggeber, Planer und Bauunternehmer, müssen die Bereitschaft aufbringen, neue Wege zu gehen. So zeigt auch das Gutachten einen zwar vergaberechtlich möglichen Weg auf. Bis zur gelebten Praxis benötigt es aber noch Zeit. Die Bauindustrie muss deshalb den Willen haben, sich durch solche Marktimpulse für die Etablierung von Partnerschaftsmodellen zu engagieren. So übernimmt der Arbeitskreis Partnerschaftsmodelle im Hauptverband unter dem Vorsitz von Mag. Marcus Kaller, Mitglied des Vorstands der Strabag AG, die weitere Koordination. Es gilt, die aufgezeigten Möglichkeiten als gängige Praxis zu etablieren.