Die Politik der Bauprogramme hat sich in der Vergangenheit nicht bewährt. Das nach politischer Opportunität schwankende Investitionsniveau führte auf der Seite der öffentlichen Auftraggeber zu Fehlanreizen (z. B. Abbau von planendem Personal) und auf der Auftragnehmerseite zu Problemen bei der Kapazitätsanpassung und damit zu wirtschaftlicher Instabilität.
Die deutsche Bauindustrie unterstützt deshalb die Politik des „Investitionshochlaufs“ von Bundesverkehrsminister Dobrindt, mit der erstmals auf der Ebene des Bundes eine Verstetigung der Investitionslinie Verkehr über einen längeren Zeitraum hinweg durchgesetzt werden soll. Besonders deutlich wird dies im Bereich der Bundesfernstraßen:
- Nach dem Durchschreiten der Talsohle im Jahre 2015 sollen die Investitionen in die Bundesfernstraßen bis 2018 auf 7,2 Mrd. Euro steigen.
- Durch die Ausweitung der Nutzerfinanzierung auf alle Bundesstraßen wird sichergestellt, dass die Aufstockung der Bundesfernstraßeninvestitionen über 2018 hinaus Bestand hat.
- Mit der Zweckbindung der Mauteinnahmen und der Überführung des zweckgebundenen Mautaufkommens in eine Bundesfernstraßengesellschaft sollen die Investitionsmittel ab 2020 ganz dem jährlichen Verteilungsstreit der Haushaltspolitiker um knappe Haushaltsmittel entzogen werden.
Dagegen scheint es so, dass der Scheitelpunkt des Investitionshochlaufs im Bereich der Bundeswasserstraßen bereits 2018, im Bereich der Eisenbahnen des Bundes bereits 2019 überschritten wird. Es wäre zu prüfen, ob auch für diese Verkehrsträger ähnliche Stabilisierungsmechanismen entwickelt werden können wie für die Bundesfernstraßen.
Kommunale Investitionskraft wiederherstellen
Im Bereich der Kommunen sind wir von einem „Investitionshochlauf“ noch weit entfernt. Nach wie vor fehlt es einem großen Teil der Kommunen - trotz verbesserter Steuereinnahmen - an Finanzkraft, um den nach wie vor immensen Investitionsstau von 136 Mrd. Euro abzubauen. Davon entfallen immerhin 36 Mrd. Euro auf den Verkehrsbereich.
Mehr noch: Für einen Teil der Kommunen wird sich die ohnehin schon prekäre Situation noch verschärfen, wenn nicht bald Klarheit darüber geschaffen wird, wieviel Bundes- und Landesmittel über die nächsten Jahre zur Verfügung stehen, um den Investitionsstau aufzulösen und die Modernisierung der kommunalen Verkehrswege voranzutreiben.
Die deutsche Bauindustrie bedauert deshalb, dass es in den jetzt abgeschlossenen Verhandlungen über die Neuordnung der Bund-Länder-Finanzbeziehungen nur bedingt gelungen ist, den Bund bei der Finanzierung der kommunalen Verkehrswege „im Boot“ zu halten.
- Das GVFG-Bundesprogramm soll zwar dauerhaft fortgeführt werden, die Finanzausstattung des Programms bleibt allerdings offen. Wir plädieren für eine Aufstockung auf 400 Mio. Euro.
- Zur Fortschreibung der Entflechtungsmittel über das Jahr 2019 hinaus haben sich Bund und Länder dagegen nicht entschließen können. Wir appellieren deshalb an die Länder, das zusätzliche Umsatzsteueraufkommen in Höhe der bisherigen Entflechtungsmittel – also 1,3 Mrd. Euro – landesgesetzlich für Investitionen in die kommunale Infrastruktur zweckzubinden.
Umsetzung der Investitionen ermöglichen
Mit der Bereitstellung zusätzlicher Investitionsmittel ist es aber sicherlich allein nicht getan. Es kommt jetzt im nächsten Schritt darauf an, dass diese Investitionsmittel auch tatsächlich in Projekte umgesetzt werden. Daran haben wir jedoch mit Blick auf die Verfassung vieler Bauverwaltungen derzeit noch unsere Zweifel.
Wir sollten deshalb alle Möglichkeiten nutzen, um die drohenden Engpässe im Planungsbereich zu beseitigen; für uns heißt das:
- Wiederherstellung der Leistungsfähigkeit der öffentlichen Bauverwaltungen durch Personalaufstockung,
- Nutzung des Know-hows der Bauunternehmen in der Ausführungsplanung, z. B. durch Design-and-Build-Verträge da, wo die Kapazitätslücken nicht schnell genug geschlossen werden können, und
- Vereinfachung und Verkürzung der Planungs- und Genehmigungsverfahren, zumindest für Ersatzbauwerke.
Darüber hinaus müssen wir aber auch dafür sorgen, dass Bauprojekte künftig termintreuer und kostensicherer umgesetzt werden. Dies gelingt nur über mehr Partnerschaft in der Zusammenarbeit zwischen Bauherren, Planern und Bauwirtschaft. Dazu gehören:
- die frühe Einbindung der Baukompetenz in den Planungsprozess (Early-Contractor-Involvement),
- die gemeinsame Weiterentwicklung von Projekten auch nach der Zuschlagserteilung (Value-Engineering),
- die Entwicklung von Anreizsystemen zur Hebung von Effizienzreserven (Pain-Gain-Share) sowie
- die Entwicklung von internen und externen Streitschlichtungsverfahren bis hin zur gesetzlich verankerten, verpflichtenden Adjudikation auf Verlangen eines Projektpartners nach britischem Vorbild.