Neue Weltbank-Vergabepolitik

Internationales Bauen und Europa

Seit dem Jahr 2016 ermöglicht die Weltbank ihren Darlehensnehmern die Verwendung von nicht-preisbezogenen Bewertungskriterien, um technische Aspekte, Qualität, Nachhaltigkeit sowie die ökologische und soziale Nachhaltigkeit der Angebote bei der Entscheidung über die Auftragsvergabe berücksichtigen zu können.

Mit Wirkung vom 01. September 2023 schreibt die Weltbank ihren Darlehensnehmern nunmehr die Verwendung von nicht-preisbezogenen Bewertungskriterien bei Weltbank-finanzierten Ausschreibungsverfahren verpflichtend vor. Dieser Grundsatz gilt auch für die Vergabe von Bauleistungen. Damit rückt die Weltbank endgültig von ihrer langjährigen Ausschreibungspraxis ab, nach der allein der Angebotspreis für die Auftragsvergabe ausschlaggebend war.

Die BAUINDUSTRIE begrüßt die neue Weltbank-Vergabepolitik, da sich durch diese Reform die Chancen für deutsche Bauunternehmen, die überwiegend mit ihrer Qualität, Innovationskraft und Nachhaltigkeit punkten können, auf Zuschläge für Weltbankprojekte erhöhen dürften. Dieser Effekt ist auch von der Weltbank erwünscht, da die Vergabestatistiken zeigen, das deutsche und andere westliche Firmen kaum noch an Weltbank-Ausschreibungen teilnehmen bzw. dort erfolgreich sind.

Allerdings lassen die neuen Weltbank-Regeln den Kreditnehmern einen großen Ermessensspielraum hinsichtlich der Gewichtung von Preis und nicht-preisbezogenen Faktoren. Daher hat der europäische Auslandsbauverband „European International Contractors“ (EIC) gemeinsam mit dem Europäischen Verband der Beratenden Ingenieure (EFCA) einen Leitfaden (Toolkit) herausgegeben, wie die neue Vergabepolitik der Weltbank bei Bauvorhaben mit einem Volumen von mehr als 50 Millionen US-Dollar umgesetzt werden könnte. Diesbezüglich schlagen EIC und EFCA die Nutzung des sog. „Zwei-Umschlag-Verfahrens“ vor, welches es der Vergabebehörde ermöglicht, die Angebotsprüfung und qualitative Wertung durchzuführen, ohne Kenntnis von den Angebotspreisen zu erhalten. Der Zuschlag erfolgt am Ende der Wertung auf das „wirtschaftlich günstigste Angebot“, die nicht preis-bezogenen Vergabekriterien sollten hier mit mindestens 30 – 50% gewichtet werden.

Nach Ansicht der BAUINDUSTRIE könnte die neue Vergabepolitik der Weltbank auch einen neuen Impuls für die Vergabepraxis in der deutschen bilateralen Entwicklungszusammenarbeit setzen. So führt auch die „Toolbox Nachhaltige Auftragsvergaben“ der KfW-Entwicklungsbank erprobte und neue Verfahren zur Berücksichtigung von Nachhaltigkeitsaspekten in Vergabeverfahren vor, aber inwieweit diese bei Bauausschreibungen verbindlich zum Einsatz kommen, ist nicht klar. Hier sollte die Bundesregierung und die KfW die Vergabereform der Weltbank zum Anlass nehmen, die von EIC und EFCA vorgeschlagenen Elemente bei Ausschreibungsverfahren verpflichtend vorzuschreiben.

 

Für weitere Informationen verweisen wir auf folgende Artikel:

World Bank-Website zu nicht-preisbezogenen Bewertungskriterien

GTAI-Artikel (deutsche Firmen profitieren von Reform bei Weltbankprojekten)

EIC Toolkit on Sustainable Infrastructure Procurement