Rettung der Sozialkassen gelungen
Seitdem das Bundesarbeitsgericht mit Beschlüssen vom 21. September 2016 und Folgebeschlüssen vom 25. Januar 2017 überraschend die Allgemeinverbindlicherklärungen von Sozialkassentarifverträgen für den Zeitraum 1. Oktober 2007 bis 31. Dezember 2014 für unwirksam befand, bestand eine ebenso unklare wie unbefriedigende Rechtslage:
Notlage mit unklaren Folgen
Können gezahlte Sozialkassenbeiträge zurückgefordert werden? Spielt hierbei eine Verbandsmitgliedschaft eine Rolle? Müssen erhaltene Leistungen zurückgezahlt werden? Müssen überbetriebliche Ausbildungszentren Rückzahlungen befürchten und werden sie diese dann von den Ausbildungsbetrieben einfordern? Sind Rentenanwartschaften und Rentenansprüche der Arbeitnehmer gesichert oder müssen hierfür nun arbeitgeberseitig Rückstellungen gebildet werden?
Insolvenzrisiken
Die Fragen zeigen, dass – je nach Beantwortung – erhebliche Risiken für den Fortbestand der Sozialkassen der Bauwirtschaft (SOKA-BAU, UKB Bayern und Soka-Berlin) bestanden. Im Kontext der überbetrieblichen Altersversorgung waren aber auch ganz erhebliche Risiken für Baubetriebe nicht von der Hand zu weisen.
Der Gesetzgeber musste ran
Aus diesem Grund setzten sich die drei Tarifvertragsparteien intensiv gemeinsam für eine Rettung der Sozialkassen ein. „Notärztin Nahles“ (so titelte die Süddeutsche Zeitung in einem Beitrag vom 28. Dezember 2016) erkannte die fatale Situation und ließ das Sozialkassenverfahrensicherungsgesetz – SokaSiG – erarbeiten, das als gemeinsame Fraktionsinitiative von CDU/CSU und SPD Ende 2016 in den Bundestag eingebracht wurde. Das anschließende politische Tauziehen um die Erhebung der zugrundeliegenden Tarifvertragsvorschriften des Zeitraums 2006 bis heute „zum Gesetz“ nahm nun knapp einen positiven Ausgang: Nach öffentlicher Sachverständigenanhörung wurde das Gesetz in 2. und 3. Lesung durch den Bundestag beschlossen. Parteiübergreifend folgte der Bundestag der Wertung von Prof. Preis, der in der Sachverständigenanhörung plakativ befand: „Dieses Instrument der gemeinsamen Einrichtung und Allgemeinverbindlicherklärung ist ein Geschenk des Sozialstaats … und wenn dieses kaputt geht, dann muss der Gesetzgeber ran!“ Das SokaSiG wurde nebst Anlageband mit den maßgeblichen tarifvertraglichen Regelungen seit 2006 bis 2017 im Bundesgesetzblatt vom 24. Mai 2017 veröffentlicht und ist am 25. Mai 2017 in Kraft getreten (§ 14 SokaSiG).
Beherzte Rettung
Die skizzierten Unsicherheiten von Rückabwicklungen der Sozialkassenverfahren werden mit dem SokaSiG beseitigt und die unwirksamen Allgemeinverbindlicherklärungen durch den Gesetzgeber wieder hergestellt. Damit wird die Rechtslage abgebildet, die bis zu den BAG-Entscheidungen von 2016 als sicher galt. Mit dem Rettungsgesetz wird das Vertrauen von bundesweit rund 77.000 Baubetrieben, knapp 700.000 Arbeitnehmern, ca. 35.000 Auszubildenden und mehr als 370.000 Rentnern in die bewährten Sozialkassenverfahren geschützt.