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Zustand der Verkehrswege

Steffen / 18.08.2025

Die zunehmende Mobilität der Gesellschaft, das Wirtschaftswachstum sowie die zentrale Lage als Verkehrsdrehscheibe in der Mitte Europas haben in Deutschland zu einem starken Verkehrswachstum geführt. Zwischen 1991 und 2023 legte die inländische Güterverkehrsleistung (in Mrd. Tonnenkilometer auf Straße, Schiene und Wasser) um 65 % zu, die Personenverkehrsleistung (in Mrd. Personenkilometer), die zwischenzeitlich wegen der Corona-Beeinträchtigungen drastisch zurückging, um 23 %. Dies hat – zusammen mit den in der Vergangenheit nicht ausreichenden Erhaltungsinvestitionen – zu einer deutlichen Qualitätsverschlechterung vor allem bei den Bundesverkehrswegen geführt. Dieses Problem betrifft besonders die Straßen, deren Anteil an der Beförderungsleistung bei Gütern 2023 bei 73 % lag, im Personenverkehr waren es sogar 90 %. 

Vor allem die teilweise maroden Autobahnbrücken, die in den 1960-er und 1970-er Jahren gebaut wurden, haben in den vergangenen Jahren für gesteigertes mediales Aufsehen gesorgt. Die Brückensperrungen für den Schwerlastverkehr haben deutlich zugenommen, ebenso die Beeinträchtigungen für die Logistikdienstleister. Trotz der verstärkten Anstrengungen zum Neubau bzw. zum Erhalt ist kurzfristig nicht mit einer deutlichen Verbesserung der Lage zu rechnen.

Zwischen 2000 und 2023 hat an Bundesautobahnen der Anteil der Brückenflächen mit einem guten bzw. sehr guten Zustand von 30 % auf 10 % abgenommen. Gleichzeitig stieg der Anteil, der als gerade noch ausreichend bzw. schlechter eingestuft wurde, von 37 % auf 47 %. Sperrungen von Autobahnbrücken für den Schwerlastverkehr sind dabei nur die Spitze des Eisberges.

  • Ein Sechstel der Fahrbahnflächen der Bundesautobahnen und ein Drittel der Fläche der Bundesstraßen haben mittlerweile nur noch eine eingeschränkte Gebrauchsfähigkeit.

  • Ein Viertel der deutschen Eisenbahnbrücken weist umfangreiche Schäden auf. Weitere 5 % müssen in den kommenden Jahren abgerissen werden, da ihre Reparatur im Vergleich zu teuer ist.

  • 85 % der Schleusen im Netz der Bundeswasserstraßen haben lediglich einen ausreichenden, nicht ausreichenden oder gar ungenügenden Erhaltungszustand, bei den Brücken sind es 49 %. Viele Brücken über dem Kanalnetz lassen dem immer bedeutsameren Containerverkehr nicht mehr genügend Raum.

In der Prognose, die Grundlage für die Verabschiedung des Bundesverkehrswegeplans 2016 bis 2030 war, wurde bis 2030 mit einem weiteren Wachstum im Güterverkehr von 20 % und im Personenverkehr von 11 % gerechnet. Allerdings wurden in der Vergangenheit die Verkehrsprognosen regelmäßig von der Realität überholt. 

Auch das angestrebte Ziel der Verlagerung der Gütertransporte von der Straße auf die Schiene bzw. die Bundeswasserstraßen wurde nicht erreicht. Der Anteil der Straße an der Güterverkehrsleistung (in Mrd. Tonnenkilometer) lag 2023 mit 73 % auf einem unverändert hohen Niveau. Mit dem zunehmenden Verkehr wird auch das Instandhaltungsproblem vergrößert. 

Zu den Auswirkungen der Qualitätsprobleme bei der Infrastruktur, nicht nur auf Bundes-, sondern auch auf Länder- bzw. kommunaler Ebene, befragte das Institut der Deutschen Wirtschaft 2013, 2018 und 2022 bundesweit zwischen 1.700 und 2.600 Unternehmen. Dabei zeigte sich im Zeitablauf eine deutliche Abnahme bei der Qualitätsbewertung der Infrastruktur. Beklagten 2013 erst 59 % der Befragten eine geringe bzw. deutliche Beeinträchtigung ihrer Geschäftsabläufe durch Infrastrukturmängel, waren es 2018 bereits 67 % und 2022 sogar 79 %.

Zumindest die Bundesregierung hat zwischenzeitlich reagiert. Wurden 2005 noch zwei Drittel der Investitionen in die Bundesfernstraßen im Neubau getätigt und ein Drittel im Bestand, hat sich das Verhältnis mittlerweile umgekehrt. Zudem liegt im Bundesverkehrswegeplan 2016 bis 2030 der Schwerpunkt bei der Instandhaltung. Allein 13 Mrd. Euro sind für die Ertüchtigung von Brücken im Netz der Bundesfernstraßen vorgesehen. Auch im aktuellen Bundeshaushaltsentwurf 2026 sieht der Einzelplan des Bundesministeriums für Verkehr (BMV) einen besonderen Fokus im Erhalt und der Sanierung bestehender Verkehrswege. Im Rahmen des Sondervermögens Infrastruktur und Klimaschutz sollen für die Brückenmodernisierung im Bestandsnetz der Bundesautobahnen jährlich 2,5 Mrd. Euro bereitgestellt werden.

Bei den Schienenwegen ist ebenfalls einiges in Bewegung geraten. Im Rahmen der Leistungs- und Finanzierungsvereinbarung III (LuFV III) erhöht der Bund seine Zahlungen an die Deutsche Bahn AG für Sanierung und Erhalt des Schienennetzes noch einmal deutlich. In den Jahren 2020 bis 2029 sollen es insgesamt 51 Mrd. Euro aus dem Bundeshaushalt sein. Die Deutsche Bahn AG will damit auch die maroden Brücken sanieren. Mit 9 Mrd. Euro sollen 2.000 der insgesamt gut 25.000 Brücken im Schienennetz modernisiert oder erneuert werden. 

2024 stellte der Bund für die Erhaltung mit 10,7 Mrd. Euro gut ein Drittel mehr Mittel zur Verfügung als im vergangenen Jahr. Zudem wurde das Eigenkapital der DB AG um weitere 5,5 Mrd. Euro aufgestockt, damit wird die Fähigkeit der Bahn erhöht, am Kapitalmarkt Kredite für Investitionen aufzunehmen. Bei den Bundeswasserstraßen wurden 2024 die Mittel des Bundes für die Erhaltung der verkehrlichen Infrastruktur auf 473 Mio. Euro erhöht. 

Insgesamt stellte der Bund 2024 für Investitionen in die Bundesverkehrswege (inklusive der Eigenkapitalaufstockung bei der DB AG) 27,1 Mrd. Euro zur Verfügung. 2014 waren es nur 10,3 Mrd. Euro. Der Investitionshochlauf hat also gegriffen. Allerdings reicht es nicht aus, die Investitionen auf diesem hohen Niveau zu stabilisieren. Angesichts stark steigender Baupreise ist eine jährliche Aufstockung sinnvoll, damit sich kein realer Rückgang ergibt. 

Die Kommunen sind von diesem „Investitionshochlauf“ weit entfernt. Nach wie vor fehlt es einem erheblichen Teil der Kommunen an Finanzkraft. Das Deutsche Institut für Urbanistik führt jährlich im Auftrag der Kreditanstalt für Wiederaufbau eine Befragung unter den Kommunen durch. Dabei wird auch der hochgerechnete Investitionsrückstand nach Aufgabenbereichen ermittelt.

Die Straßen- und Verkehrsinfrastruktur weist (neben den Schulen) regelmäßig den höchsten Investitionsrückstand auf. Von 2011 bis 2024 hat sich dieser von 25 auf 53 Mrd. Euro erhöht. Besonders problematisch ist: Nur 29 % der Kommunen gaben in der jüngsten Umfrage an, dass sie in den vergangenen 5 Jahren die Unterhaltung der Verkehrsinfrastruktur ganz oder größtenteils gewährleisten konnten, 53 % gingen davon aus, dass der Investitionsrückstand in den kommenden fünf Jahren weiter zunehmen wird. 

Eine Studie des Deutschen Instituts für Urbanistik aus dem Jahr 2003, die unter anderem im Auftrag des Hauptverbandes der deutschen Bauindustrie erstellt wurde, ermittelte bis zum Jahr 2023 einen zusätzlichen Investitionsbedarf bei der kommunalen Verkehrsinfrastruktur für die Nachholung unterlassener Investitionen bzw. den Ersatz veralteter Anlagen in Höhe von 347 Mrd. Euro.