Brancheninfo Bau

Volkswirtschaftliche Bedeutung der Bauwirtschaft

Stand: 16.07.2024

 

Um die volkswirtschaftliche Bedeutung der Bauwirtschaft darzustellen, wird in der Regel auf drei Kennzahlen zurückgegriffen:

  • Den Anteil des Bruttoinlandsproduktes, der für Bauinvestitionen verwendet wird. 2023 waren dies 487 Mrd. Euro bzw. 11,8 %.
  • Den Anteil des Baugewerbes an der gesamtwirtschaftlichen Bruttowertschöpfung. 2023 waren dies 234 Mrd. Euro bzw. 6,2 %.
  • Den Anteil der Erwerbstätigen im Baugewerbe an allen Erwerbstätigen. 2023 waren dies 2,649 Mio. Personen bzw. 5,8 %.

 

Wertschöpfungskette Bau

Diese Sichtweise ist allerdings zu eng, weil sie wichtige Zulieferer aus anderen Branchen unberücksichtigt lässt. Insbesondere die Leistungen der planenden Berufe werden nicht dazu gerechnet. Die gesamte Wertschöpfungskette Bau, die den dazugehörenden Vorleistungsverbund (Hersteller von Maschinen, Werkzeugen, Baustoffen und Baumaterialien) und weitere baurelevante Leistungen anderer Branchen (u. a. Logistik, Finanzdienstleistungen, weitere unternehmensnahe Dienstleistungen) mit einbezieht, stellt sich weitaus umfassender dar.

Multiplikatorwirkungen von Bauinvestitionen

Eine ähnlich gelagerte Betrachtungsweise kann auch für die Bauinvestitionen angestellt werden. So hat das Rheinisch-Westfälische Institut für Wirtschaftsforschung Essen 2011 in einem Forschungsprojekt die Effekte einer zusätzlichen Nachfrage nach Bauleistungen in einem umfassenderen Sinne aufgezeigt. Untersucht wurden die gesamtwirtschaftlichen Wirkungen einer einmalig erhöhten Nachfrage nach Bauleistungen im Volumen von 1 Mrd. Euro. Die Berechnung erfolgte in drei Schritten:

  • Der „direkte Effekt“ ergibt sich im Baugewerbe selbst.
  • Der „indirekte Effekt ohne Kreislaufeffekt“ ergibt sich durch die Vorleistungsverflechtungen des Baugewerbes mit anderen Branchen, in denen durch die zusätzliche Nachfrage des Baugewerbes Produktion und Beschäftigung generiert werden.
  • Der „indirekte Effekt mit Kreislaufeffekt“ beruht auf der Annahme, dass der Anstieg der Beschäftigung im Baugewerbe und den verbundenen Branchen zu einem zusätzlichen Einkommen führt und damit die Konsumnachfrage erhöht wird.

Durchgeführt wurden diese Berechnungen für das Jahr 2007. Je nach Bausparte wird aus einer zusätzlichen Baunachfrage von 1 Mrd. Euro eine gesamtwirtschaftliche Leistungsausweitung von 2,359 bis 2,592 Mrd. Euro. Im Durchschnitt bewirkt eine Erhöhung der Baunachfrage um eine Mrd. Euro einen gesamtwirtschaftlichen Effekt von 2,44 Mrd. Euro. Der Multiplikator beträgt somit 2,44.

Nicht ganz so hoch ist der Multiplikator bei den Beschäftigungswirkungen. Eine zusätzliche Baunachfrage von 1 Mrd. Euro schafft nach Berechnungen des RWI 10.442 Stellen im Baugewerbe selbst. Durch die indirekten Effekte kommen in den verbundenen Wirtschaftsbereichen 11.549 Arbeitsplätze hinzu, so dass insgesamt nahezu 22.000 neue Arbeitsplätze entstehen. Der Multiplikator liegt hier bei 2,1

Wie bei den Betrachtungen zur Wertschöpfungskette Bau wurden die Berechnungen der Multiplikatorwirkung zwischenzeitlich nicht aktualisiert. Es kann aber davon ausgegangen werden, dass die beschriebenen Verflechtungen und Effekte noch heute in ähnlicher Größenordnung bestehen. Dies dürfte bei den Beschäftigungswirkungen angesichts der drastisch veränderten Lage auf dem Arbeitsmarkt allerdings fraglich sein.

Volkswirtschaftliche Bedeutung der Bauwirtschaft

Im Auftrag des Hauptverbandes der Deutschen Bauindustrie hat das Institut der deutschen Wirtschaft 2024 eine neue Studie erstellt, die in Teilen auf der des Jahres 2008 aufbaut. Nach Einschätzung des IW entstehen durch die Arbeitsteilung zwischen Baugewerbe und anderen Branchen Qualitätsvorteile durch die Auslagerung und den externen Bezug von Produktionsteilen von spezialisierten Fachunternehmen. Zudem könnten Kostenvorteile durch die Spezialisierung realisiert werden und dies stärke die Wettbewerbsfähigkeit des Baugewerbes. Außerdem eröffneten sich Möglichkeiten, durch die Arbeitsteilung effektiv auf lokale Standortfaktoren zugreifen zu können. Letztendlich können auch Kapazitätsvorteile infolge der Einbindung von externen Zulieferbetrieben realisiert werden.

Um diese Effekte berechnen zu können, greift das IW auf die Input-Output-Tabellen des Statistischen Bundesamtes zurück. Diese liegen bis 2019 vor. In diesen Tabellen werden die produktions- und gütermäßigen Verflechtungen innerhalb einer Volkswirtschaft und mit dem Ausland aufgezeigt. Der Produktionswert einer Branche ergibt sich dann als die Summe der eigenen Bruttowertschöpfung und der von anderen Unternehmen gelieferten Vorleistungen. Der preisbereinigte Anteil dieser Vorleistungen am Produktionswert des Baugewerbes stieg von 52 % im Jahr 1991 auf 67 % im Jahr 2023.

Das IW bezeichnet dies als „Verbundeffekt“. Durch den hohen Vorleistungsbezug induziert die Bauwirtschaft auch in anderen Wirtschaftsbereichen eine Wertschöpfung. Diese kann indirekt dem auslösenden Sektor, hier also dem Baugewerbe, zugerechnet werden. 2019 betrug dieser Verbundeffekt der Bauwirtschaft 2,3 % der gesamtwirtschaftlichen Wertschöpfung. Demnach belief sich das gesamtwirtschaftliche Gewicht der Branche als Summe aus eigener direkter Wertschöpfung (5,2 %) und indirektem Verbundanteil (2,3 %) auf 7,5 % der gesamtwirtschaftlichen Bruttowertschöpfung.

Betrachtet man die Struktur der Lieferanten und Abnehmer des Baugewerbes detaillierter, ergeben sich für das Jahr 2019 folgende Werte.

  • Das Baugewerbe bezieht mit 32 Milliarden Euro rund 15 % seiner Vorleistungen von Unternehmen der eigenen Branche.
  • Wichtigste Güterlieferanten an das Baugewerbe sind die Industrie (65 Milliarden Euro) sowie der Bereich Steine/Erden (27 Milliarden Euro).
  • Die zunehmende Bedeutung der Dienstleistungsbereiche auch für die Bauproduktion zeigt sich darin, dass Unternehmens- sowie andere Dienstleister insgesamt 86 Milliarden Euro an das Baugewerbe „liefern“.

Blendet man die Lieferungen und Abnahmen innerhalb des Baugewerbes aus, lieferten andere Branchen im Jahr 2019 für insgesamt 180 Milliarden Euro an das Baugewerbe, und bezogen von diesen Leistungen (nahezu ausschließlich Bauten) im Volumen von 107 Milliarden Euro.

Siehe auch:
Aktuelle Studien: „Volkswirtschaftliche Bedeutung der Bauwirtschaft“