Stand: 02.06.2025
Die Bauwirtschaft passt ihre personellen und maschinellen Kapazitäten fortlaufend an die Nachfrage nach Bauleistungen an. Aufgrund der langen Baurezession von 1995 bis 2005 bauten die Baufirmen zu Beginn des Bauaufschwungs neue Kapazitäten erst nur verhalten auf. Ab 2010, als erwartet wurde, dass es sich um einen nachhaltigeren Aufschwung handelt, wurde jedoch vermehrt Personal eingestellt. Das Bauhauptgewerbe hat seit dem Beschäftigten-Tiefpunkt im Jahr 2009 bis 2023 ca. 500.000 Personen eingestellt, abzüglich der Rentenabgänge war dies ein Plus von 222.000 Personen. 2024 wurde - wie vom HDB erwartet - erstmals seit 2008 wieder Personal abgebaut, und zwar um 1,2 % bzw. 11.500 Stellen. Einem Beschäftigtenaufbau im Tiefbau stand ein -abbau im Hochbau gegenüber. Für 2025 erwartet der HDB - auch aufgrund eines weiteren Anstiegs der Insolvenzen - einen Rückgang um 6.000 auf 910.000 Beschäftigte im Bauhauptgewerbe.
Um einen weiteren Beschäftigungsabbau entgegenzuwirken und um wieder Kapazitäten aufzubauen, benötigen die Baufirmen wieder Vertrauen in eine stabile baukonjunkturelle Entwicklung, denn einmal aus dem Bauarbeitsmarkt ausgeschiedene Fachkräfte sind schwer zurückzugewinnen. Ansonsten können die dringend benötigten Wohnungen bei Wiederanspringen der Wohnungsbaukonjunktur nicht im ausreichenden Maße gebaut werden. Neben einer verlässlichen Förderpolitik müssen Vorschriften und Vorgaben entschlackt und eine einheitliche Bundesbauordnung eingeführt werden, um die Baukosten zu senken. Auch kann eine reale (preisbereinigte) Verstetigung der öffentlichen Bauinvestitionen eine ständige Kapazitätsanpassung nach oben oder unten verhindern.
Aktuelle Situation
Die personellen Kapazitäten am deutschen Bauarbeitsmarkt sind - trotz des leichten Beschäftigtenrückgangs - insgesamt immer noch angespannt. Die Zahl der neuen Ausbildungsverhältnisse in der Bauwirtschaft lag Ende 2024 laut Soka-Bau im gesamten Bundesgebiet bei 12.340 und damit schon deutlich unter den in den Ruhestand verabschiedeten Mitarbeitern (2024: ca. 19.800). Hinzu kommt, dass die Soka-Bau für 2024 einen Rückgang der Ausbildungsverhältnisse um 4,7 % gemeldet hat, das ist das dritte Minus in Folge. Auch stehen nicht alle Auszubildene, welche eine Ausbildung am Bau begonnen haben, letztendlich auch dem Bauarbeitsmarkt zur Verfügung: Laut Statistischem Bundesamt werden 40 % der Ausbildungsverträge im Hoch- und Tiefbau vorzeitig gelöst.
Die Arbeitskräftereserven auf dem deutschen Bauarbeitsmarkt sind nur noch begrenzt vorhanden: Bei den Bauingenieuren übersteigt seit dem Frühjahr 2015 die Zahl der offenen Stellen die der Arbeitslosen. Aber auch bei den gewerblichen Fachkräften gibt es einen Engpass: Bis März 2018 lag die Zahl der arbeitslosen Baufacharbeiter mit bauhauptgewerblichen Berufen noch deutlich über der Zahl der offenen Stellen. Danach hat sich das Verhältnis - zumindest in den Monaten April bis November - überwiegend umgekehrt bzw. angeglichen.
Die Verschlechterung der Baukonjunktur seit der zweiten Jahreshälfte 2022 - und dem damit einhergehenden Anstieg der Zahl der Insolvenzen - ist allerdings schon auf dem Bauarbeitsmarkt angekommen: Die Zahl der arbeitslosen Baufacharbeiter mit bauhauptgewerblichen Berufen lag im Jahresdurchschnitt 2023 um 7,0 % und 2024 um 8,3 % über dem Vorjahresniveau, die Zahl der arbeitslosen Bauingenieure stieg sogar um 28,4 % bzw. 18,9 %. Beides allerdings auf einem vergleichsweise niedrigen Niveau. Diese Entwicklung hat sich 2025 fortgesetzt: Die Zahl der arbeitslosen Bauingenieure ist im Durschnitt der Monate Januar bis Mai um 12,4 % gestiegen. Die Zahl der arbeitslosen Baufacharbeiter mit bauhauptgewerblichen Berufen ging hingegen um 2,3% zurück.
Trotzdem sehen noch viele Unternehmen im Fachkräfteengpass die größte Gefahr für die weitere Entwicklung: Im Rahmen der DIHK-Umfrage zum Frühsommer 2025 gaben - trotz restriktiverer Beschäftigungspläne - immer noch 64 % der befragten Bauunternehmen den Fachkräftemangel als Risiko für die wirtschaftliche Entwicklung ihres Unternehmens an.
Die leichte Beruhigung in den vergangenen Jahren (zum Frühsommer 2018 lag der Anteil noch 82 %) ist - neben der Abschwächung der (Wohnungs-)Baukonjunktur - auch darauf zurückzuführen, dass die deutsche Bauindustrie und ihre Unternehmen eine Vielzahl von Maßnahmen eingeleitet hatten, um dem drohenden Fachkräftemangel zu begegnen. Diese waren und sind im Einzelnen:
Halten des Personalbestandes: Trotz der Abschwächung der Baukonjunktur gaben - im Rahmen der DIHK-Umfrage zum Frühsommer 2025 - immer noch 70 % der befragten Bauunternehmen an, ihren Personalbestand in den kommenden 12 Monaten halten zu wollen. Angesichts der sich - insbesondere im Hochbau - deutlich abschwächenden Baukonjunktur liegt der Anteil derer die planen, ihren Personalbestand zu reduzieren, aber immer noch bei 19 %.
Siehe auch:
Brancheninfo Bau: „Fluktuationsquote im Bauhauptgewerbe“
Präsentation „Bauarbeitsmarkt“ (ausschließlich abzurufen über ELVIRA)
Präsentation „Frauen am Bau“