Die seit 2021 stark gestiegenen Baumaterial- und Energiepreise sowie Zinskosten hatten zu einem deutlichen Anstieg der Baupreise geführt. Wie auch andere Branchen sah sich die Bauwirtschaft mit dem Vorwurf konfrontiert, die Situation ausgenutzt und die Preise über das notwendige Maß hinaus erhöht zu haben, um die Gewinne überdurchschnittlich zu steigern. Dies können wir nicht bestätigen.
Umsatzrendite und Eigenkapitalquote im Bauhauptgewerbe 2021 und 2022 deutlich gesunken, diese Entwicklung hat sich bei der Umsatzrendite 2023 fortgesetzt, 2024 liegen noch nicht vor, es wird aber keine wesentliche Verbesserung erwartet
Die Umsatzrendite im Bauhauptgewerbe ist von 2020 mit 10,2 % auf 7,0 % 2023 gesunken. Bei Unternehmen mit 50 und mehr Mio. Euro Umsatz ist die Rendite sogar von 6,1 % auf 3,6 % zurückgegangen. Gleichzeitig sank die Eigenkapitalquote von 23,6 % auf 19,6 % im Jahr 2022, bei großen Bauunternehmen von 17,5 % auf 13,4 %. Im Gegensatz zur Umsatzrendite ist die Eigenkapitalquote von 2022 auf 2023 insgesamt auf 21 % gestiegen, bei großen Unternehmen auf 15,2 %. Wir gehen davon aus, dass der Anstieg auch auf eine Reduzierung der Investitionen zurückzuführen ist, schließlich haben die Bauunternehmen – aufgrund der abgeschwächten Baukonjunktur – ihre Bruttoanlageinvestitionen von 2021 bis 2023 um real 2,7 % reduziert. Dies ergab die Auswertung von knapp 10.000 Bilanzen (2023 vorläufig 5.037 Bilanzen) durch den Deutschen Sparkassen- und Giroverband (DSGV) vom März dieses Jahres. Werte für 2024 liegen für das Bauhauptgewerbe noch nicht vor, diese werden erst im März 2026 veröffentlicht.
Für 2024 erwarten wir allerdings keine wesentliche Besserung. Darauf deutet die Herbstumfrage 2024 der Creditreform bei mittelständischen Unternehmen hin: Lediglich 19 % der befragten Unternehmen des Baugewerbes (eine Differenzierung nach Ausbau- und Bauhauptgewerbe wird nicht vorgenommen) gaben an, dass ihre aktuelle Ertragslage 2024 gestiegen sei, 49 % berichteten von einer stabilen und 31 % von einer gesunkenen Ertragslage. Die weitere Ertragsentwicklung (2025) schätzten die Bauunternehmen aber etwas positiver ein: Im Rahmen der Creditreform-Umfrage erwarteten 26 % (Vorjahr: 29 %) eine sinkende Ertragslage, 53 % (Vorjahr: 57 %) eine stabile und 19 % (Vorjahr: 14 %) eine steigende.
Die Eigenkapitalquoten könnten sich hingegen weiter verbessert haben: Laut Umfrage gaben 30 % der Befragten an, dass ihre Eigenkapitalquote im Herbst 2024 über 30 % läge, im Vorjahr (Herbst 2023) gaben es 28 % an. Auch der Anteil derer, die angaben, dass ihre Quote bis 30 % betragen würde, ist von 16 auf 20 % gestiegen. Demgegenüber ist der Anteil derer, die über eine Quote von unter 10 % klagten von 35 % auf 28 % gesunken. Die leichte Verbesserung wird auch von der DIHK-Konjunkturumfrage bestätigt, wonach zu Jahresbeginn 2025 17 % der befragten Bauunternehmen von einem Eigenkapitalrückgang berichtete, nach 19 % im Vorjahr.
Insolvenzen im Bau(haupt)gewerbe stark gestiegen
Die gestiegene Zahl an Insolvenzen im Branchendurchschnitt bestätigt die Verschlechterung der Ertragslage: Diese ist 2023 im Bauhauptgewerbe um 25,7 % gestiegen, 2024 um weitere 14,3 %. Im gesamten Baugewerbe legte die Zahl der Insolvenzen 2023 um 12,5 % und 2024 um 19,0 % zu. Aufgrund der verbesserten Ertragslage bis 2020 lag die Zahl der Insolvenzen zwar auf einem niedrigen Niveau (2024: 1.610 bzw. 3.430 im Vergleich zum Höchststand 2001 mit 4.900 bzw. 2002 mit 9.160), aber der starke Anstieg seit 2022 bereitet Sorgen.
Gestiegene Material-, Energie- und Zinskosten konnten 2021 nur zum Teil, 2022 und 2023 überwiegend weitergegeben werden
Das Bauhauptgewerbe ist eine sehr materialintensive Branche: Der Anteil der (direkten) Materialkosten am Bruttoproduktionswert liegt im Durchschnitt des Bauhauptgewerbes bei 23 %. Der (direkte) Anteil fällt aber je nach Sparte unterschiedlich aus, er liegt zwischen 5,2 % (Gerüstbau) und 34,6 % (Dachdeckerei/Bauspenglerei). Allerdings muss man berücksichtigen, dass ein Großteil der eigenen Bautätigkeit an Nachunternehmer vergeben wird, die selbst Material einsetzen, welches sie in Rechnung stellen. Somit kann davon ausgegangen werden, dass der Materialkostenanteil doppelt so hoch (im Branchendurchschnitt ca. 40 %) ausfällt.
Die gestiegenen Material- und Energiekosten, welche (trotz leichter Beruhigung bei einzelnen Produkten seit Mitte 2022) überwiegend auf einem immer noch vergleichsweise hohen Niveau liegen, schlagen bei den Bauunternehmen somit deutlich zu Buche. So lag der Erzeugerpreis für Betonstahl zu Jahresbeginn 2025 um 11 % über dem Niveau von Januar 2021, dem Beginn der starken Preissteigerungen. Der Preis für Dieselkraftstoff legte um 37 %, der Preis für Bitumen sogar um 63 % zu.
Der (nominal) gestiegene Umsatz wurde somit durch die gestiegene Material-, aber auch Energie- und Zinskosten „aufgefressen“. Dies war insbesondere im Jahr 2021 der Fall. Aufgrund (zum Teil) langlaufender Verträge konnten die gestiegenen Kosten nicht vollständig weitergegeben werden, der Preisindex für Bauleistungen im Bauhauptgewerbe stieg 2021 – trotz der enormen Kostensteigerungen – „nur“ um 8,6 % (inkl. MwSt.). Dies führte zu dem beschriebenen Rückgang der Umsatzrendite und Eigenkapitalausstattung im Bauhauptgewerbe.
2022 und 2023 scheinen die gestiegenen Kosten dann aber deutlicher eingepreist worden zu sein. Darauf deutet zumindest der Vergleich der Entwicklung des Kosten- und des Preisindex für den Neubau von Wohngebäuden hin [Anmerkung: der Kostenindex wird nur für den Neubau von Wohngebäuden berechnet]. Der Kostenindex ist im Jahresdurchschnitt 2022 um 13,0 %, der Preisindex (der auch den kalkulatorischen Unternehmensgewinn enthält) hingegen um 16,3 % gestiegen (der Preisindex für Bauleistungen im gesamten Bauhauptgewerbe legte um 14,9 % zu). 2023 stieg der Kostenindex nur noch um 3,5 %, der Preisindex legte hingegen um 8,4 % zu. Die Differenz war aber nicht ausreichend, um die Umsatzrendite zu erhöhen, im Gegenteil: Diese sank von 7,5 % im Jahr 2021 auf 7,0 % im Jahr 2023.
Insofern kann nicht davon gesprochen werden, die Bauwirtschaft sei ein Inflationsgewinner. „Ungerechtfertigte Preisaufschläge“ sind auch nur möglich, wenn Kunden bzw. Auftraggeber mangels Wettbewerbs nicht auf andere Anbieter ausweichen können. Dies ist in der Bauwirtschaft, angesichts von knapp 82.000 Betrieben allein im Bauhauptgewebe, nicht der Fall.
Siehe auch:
Brancheninfo Bau: „Baukonjunkturelle Lage“
Brancheninfo Bau: „Preissteigerungen bei Baumaterialien“
Brancheninfo Bau: „Preisentwicklung im Bau(haupt-)gewerbe“
Brancheninfo Bau: „Preisentwicklung im Wohnungsneubau“
Brancheninfo Bau: „Löhne und Entgelte im Baugewerbe deutlich erhöht“