Die Städte und Gemeinden sind in Deutschland ein wichtiger Auftraggeber für die Bauwirtschaft. Auf sie entfielen 2023 mit 36,8 Mrd. Euro 60 Prozent der staatlichen Bauinvestitionen. Im Bauhauptgewerbe entfällt auf öffentliche Auftraggeber ein Viertel des Umsatzes. Nach langen Jahren der Investitionszurückhaltung stiegen die kommunalen Bauinvestitionen zwischen 2016 und 2023 um 92 Prozent. Dazu trugen neben steigenden Steuereinnahmen (plus 43 Prozent) auch Sonderprogramme von Bund und Ländern bei. 2022 und 2023 machten sich dann auch die stark steigenden Baupreise bemerkbar.
Trotz dieses Anstieges steht es allerdings weiterhin nicht gut um die Qualität der kommunalen Infrastruktur. Im Auftrag der Kreditanstalt für Wiederaufbau führt das Deutsche Institut für Urbanistik (difu) jährlich eine Umfrage unter Städten, Gemeinden und Landkreisen durch. Dabei geht es um die Finanzsituation, die Unterhaltung der Infrastruktur und die Einschätzung des Investitionsrückstandes sowie dessen Entwicklung. In der aktuellen Umfrage, die zum Jahresende 2023 durchgeführt und im Frühjahr 2024 veröffentlicht wurde, zeigten sich die seit vielen Jahren bekannten Probleme.
Gesamtfinanzsituation
38 Prozent der Kommunen bezeichneten ihre Gesamtfinanzsituation im Jahr 2021 als „mangelhaft“, lediglich 15 Prozent als „gut“ bzw. „sehr gut“. Der daraus resultierende Saldo von minus 23 Punkten hat sich gegenüber 2017 (plus 16 Punkte) drastisch verschlechtert. Zudem erwarteten 84 Prozent der Kommunen in den kommenden fünf Jahren eine nachteilige Entwicklung ihrer Gesamtfinanzsituation.
Unterhaltung der Infrastruktur
Im Durchschnitt aller 14 Aufgabenbereiche konnte die Unterhaltung in 44 Prozent der Kommunen „vollständig“ bzw. „weitgehend“ gewährleistet werden, in 13 Prozent „nur in geringem Umfang“ bzw. „gar nicht“. Dabei gibt es allerdings deutliche Unterschiede. Sehr gut sieht es bei der Ver- und Entsorgung sowie dem Brand- und Katastrophenschutz aus. Probleme bereiten vor allem die Bereiche Sportstätten und Bäder, Straßen und Verkehr sowie die kommunale Wohnungswirtschaft. Vor allem der Bereich Straßen und Verkehr ist bereits seit vielen Jahren das Sorgenkind der kommunalen Investitionstätigkeit. Im Jahr 2022 sahen sich gut ein Fünftel der Städte und Gemeinden lediglich in der Lage, die Unterhaltung nur in geringem Umfang bzw. gar nicht leisten zu können.
Investitionsrückstand
Über alle Bereiche ermittelte das difu für 2023 einen Investitionsrückstand von 186,1 Mrd. Euro. Wie in all den Jahren zuvor dominieren die Schulen (54,8 Mrd. Euro) sowie Straßen und Verkehr (48,3 Mrd. Euro) mit einem addierten Anteil von 55 Prozent den Rückstand.
erschärft wird die Situation dadurch, dass jede dritte Kommune für die kommenden fünf Jahre ein Anwachsen des Rückstandes erwartet, aber nur 29 Prozent davon ausgehen, diesen zumindest teilweise abbauen zu können. Die Erwartungen an die kommunale Investitionstätigkeit sind somit bestenfalls gedämpft.
Auch hier sind Straßen und Verkehr wieder besonders betroffen. Der Saldo aus „abbauen“ bzw. „anwachsen“ des Investitionsrückstandes ist mit minus 31 Punkten der schlechteste aller Aufgabenbereiche. Die ohnehin schon schlechte Qualität der Verkehrsinfrastruktur wird also weiter abnehmen. Dies ist ein besonderes Problem für die Straßenbaufirmen, die nahezu ausschließlich auf öffentliche Aufträge angewiesen sind.
Zukunftsaussichten
Ein weiteres Problem sind die seit zwei Jahren stark steigenden Baupreise. Die nominalen Budgets der Kommunen können diese nicht auffangen. Bereits 2022 gab es im Öffentlichen Bau (der von den Kommunen dominiert wird) einen realen Auftragsrückgang im Bauhauptgewerbe von 7 bis 8 Prozent, 2023 von weiteren 3 Prozent.
Angesichts der steigenden Zinsen und damit verbundenen höheren Ausgaben, der Belastung durch die Unterbringung von Geflüchteten und nur moderat steigender Steuereinnahmen (Prognose) ist mittelfristig nicht mit einer Belebung der Investitionstätigkeit und mit einem Abbau des Rückstandes zu rechnen. Das sind keine guten Aussichten für die deutsche Bauwirtschaft.
Siehe auch:
Brancheninfo Bau: „Zustand der Verkehrswege“
Brancheninfo Bau: „Öffentliche Bauinvestitionen“