Brancheninfo Bau

Investitionsrückstand der Kommunen

 

28.06.2023

 

Die Städte und Gemeinden sind in Deutschland unverändert ein wichtiger Auftraggeber für die Bauwirtschaft. Auf sie entfielen 2022 mit 34,3 Mrd. Euro 59 Prozent der staatlichen Bauinvestitionen. Im Bauhauptgewerbe entfällt auf öffentliche Auftraggeber ein Viertel des Umsatzes. Nach langen Jahren der Investitionszurückhaltung stiegen die kommunalen Bauinvestitionen zwischen 2016 und 2022 um insgesamt 79 Prozent. Dazu trugen neben steigenden Steuereinnahmen (plus 37 Prozent) auch Sonderprogramme von Bund und Ländern bei.

Trotz dieses Anstieges steht es allerdings weiterhin nicht gut um die Qualität der kommunalen Infrastruktur. Im Auftrag der Kreditanstalt für Wiederaufbau führt das Deutsche Institut für Urbanistik (difu) jährlich eine Umfrage unter Städten, Gemeinden und Landkreisen durch. Dabei geht es um die Finanzsituation, die Unterhaltung der Infrastruktur und die Einschätzung des Investitionsrückstandes sowie dessen Entwicklung. In der aktuellen Umfrage, die zum Jahresende 2022 durchgeführt und zur Jahresmitte 2023 veröffentlicht wurde, zeigten sich die seit vielen Jahren bekannten Probleme.

Gesamtfinanzsituation

51 Prozent der Kommunen bezeichneten ihre Gesamtfinanzsituation im Jahr 2022 als „mangelhaft“ oder „ausreichend“, lediglich 22 Prozent als „gut“ bzw. „sehr gut“. Der daraus resultierende Saldo von minus 29 Punkten hat sich gegenüber 2017 (minus 1 Punkt) drastisch verschlechtert. Zudem erwarteten 81 Prozent der Kommunen in den kommenden fünf Jahren eine nachteilige Entwicklung ihrer Gesamtfinanzsituation, lediglich 5 Prozent eine vorteilhafte Entwicklung.

Unterhaltung der Infrastruktur

Im Durchschnitt aller 14 Aufgabenbereiche konnte die Unterhaltung in 44 Prozent der Kommunen „vollständig“ bzw. „weitgehend“ gewährleistet werden, in 13 Prozent „nur in geringem Umfang“ bzw. „gar nicht“. Dabei gibt es allerdings deutliche Unterschiede. Sehr gut sieht es bei der Ver- und Entsorgung sowie dem Brand- und Katastrophenschutz aus. Probleme bereiten vor allem die Bereiche Sportstätten und Bäder, Straßen und Verkehr sowie die kommunale Wohnungswirtschaft. Vor allem der Bereich Straßen und Verkehr ist bereits seit vielen Jahren das Sorgenkind der kommunalen Investitionstätigkeit. Im Jahr 2022 sahen sich gut ein Fünftel der Städte und Gemeinden lediglich in der Lage, die Unterhaltung nur in geringem Umfang bzw. gar nicht leisten zu können.

Investitionsrückstand

Über alle Bereiche ermittelte das difu für 2022 einen Investitionsrückstand von 165,6 Mrd. Euro. Wie in all den Jahren zuvor dominieren die Schulen (47,5 Mrd. Euro) sowie Straßen und Verkehr (38,6 Mrd. Euro) mit einem addierten Anteil von 52 Prozent den Rückstand.

Verschärft wird die Situation dadurch, dass jede dritte Kommune für die kommenden fünf Jahre ein Anwachsen des Rückstandes erwartet, aber nur 29 Prozent davon ausgehen, diesen zumindest teilweise abbauen zu können. Die Erwartungen an die kommunale Investitionstätigkeit sind somit bestenfalls gedämpft.

Auch hier sind Straßen und Verkehr wieder besonders betroffen. Der Saldo aus „abbauen“ bzw. „anwachsen“ des Investitionsrückstandes ist mit minus 21 Punkten der schlechteste aller Aufgabenbereiche. Die ohnehin schon schlechte Qualität der Verkehrsinfrastruktur wird also weiter abnehmen. Dies ist ein besonderes Problem für die Straßenbaufirmen, die nahezu ausschließlich auf öffentliche Aufträge angewiesen sind.

Zukunftsaussichten

Ein weiteres Problem sind die seit zwei Jahren stark steigenden Baupreise. Die nominalen Budgets der Kommunen können diese nicht auffangen. Bereits 2022 gab es im Öffentlichen Bau (der von den Kommunen dominiert wird) einen realen Auftragsrückgang im Bauhauptgewerbe von 7 bis 8 Prozent. Diese Entwicklung verschärfte sich in den ersten vier Monaten 2023.

Angesichts der steigenden Zinsen und damit verbundenen höheren Ausgaben, der Belastung durch die Unterbringung von Geflüchteten und nur moderat steigender Steuereinnahmen (Prognose) ist mittelfristig nicht mit einer Belebung der Investitionstätigkeit und mit einem Abbau des Rückstandes zu rechnen. Das sind keine guten Aussichten für die deutsche Bauwirtschaft.

 

Siehe auch:
Brancheninfo Bau: „Zustand der Verkehrswege

Brancheninfo Bau: „Öffentliche Bauinvestitionen