Brancheninfo Bau

Auswirkungen der US-Zollpolitik

23.04.2025

 

Die EU und die USA sind unter Berücksichtigung von Waren, Dienstleistungen und Investitionen die füreinander jeweils größten Handelspartner. Dabei verzeichnete die EU 2023 laut Eurostat beim Warenhandel mit den USA einen Überschuss von 157 Mrd. Euro, während sie beim Dienstleistungshandel ein Defizit in Höhe von 109 Mrd. Euro verzeichnete. Insgesamt lagen die Exporte der EU in die USA somit um 48 Mrd. Euro bzw. 3 % höher als die Importe der USA in die EU. Der amtierende US-Präsident Donald Trump strebt an, den negativen Handelsbilanzsaldo der USA gegenüber der Europäischen Union durch die Einführung tarifärer Handelshemmnisse, d.h. durch zusätzliche Zölle auf Importe in die USA, zu reduzieren. Zudem soll die heimische Produktion in den USA gestärkt werden.

Auslandstätigkeit deutscher Bauunternehmen

Auch deutsche mittelständische und große Bauunternehmen sind auf dem US-amerikanischen Markt aktiv. Eine interne Verbandsstatistik (jährliche Umfrage) des Hauptverbandes der Deutschen Bauindustrie zeigt auf, dass der Auftragseingang der deutschen Bauindustrie aus dem Ausland 2023 39,6 Mrd. Euro betrug. Seit Beginn der verbandseigenen Statistik haben sich die Gewichte zwischen den „Zielmärkten“ der deutschen Baufirmen verschoben. Während in den 1970er Jahren die erdölexportierenden Länder dominierten, fanden 2023 etwa 85 % der internationalen Aktivitäten in Amerika und Asien/Pazifik statt.

Im Rahmen der ersten Regierungszeit Donald Trumps (2017 bis 2021) und den beginnenden Zollstreitigkeiten (ab Januar 2018) haben deutsche Bauunternehmen 2019 ein Auftragsplus aus Amerika von 7,0 % verzeichnet. In den beiden Folgejahren lagen die Auftragseingänge erneut auf dem Niveau von 2018. Möglicherweise ist der temporäre Anstieg auf eine stärkere Produktionsverlagerung von Firmen in die USA sowie auf Kapazitätserweiterungen vor Ort zurückzuführen. 2022 und 2023 meldeten die Bauunternehmen erneut starke Zunahmen der Auftragseingänge (um 17,1 % bzw. 13,0 %) auf 17,1 Mrd. Euro bzw. 21,5 Mrd. Euro. Dies dürfte vorrangig auf enorme Preissteigerungen der Baumaterialien und Lieferengpässe zurückzuführen sein. In der Folge stiegen auch die Baupreise stark an.

Auswirkungen auf unternehmerische Investitionsabsichten

Im Falle neuer Sonderzölle der US-Regierung dürfte das Bruttoinlandsprodukt im laufenden Jahr stärker sinken als zunächst erwartet. Unter zusätzlichen US-Zöllen in Höhe von 10 % dürfte das Bruttoinlandsprodukt der EU nach Angaben von Wirtschaftsforschern 2025 um 0,1 % und 2026 um 0,2 % schlechter ausfallen. Eine Schätzung des Instituts der deutschen Wirtschaft zeigt auf, dass sich der wirtschaftliche Schaden über die vierjährige Amtszeit Trumps auf rund 200 Milliarden Euro belaufen könne. Der Internationale Währungsfonds prognostiziert der deutschen Wirtschaft nur noch ein Nullwachstum für 2025.

Die hohe Unsicherheit dürfte die Geschäftsaussichten und Investitionsabsichten der Unternehmen deutlich eintrüben. Da der Anteil der Exporte in die USA 10 % der europäischen Gesamtexporte umfasst, dürften sie 2025 bei breit angelegten US-Zöllen deutlich zurückgehen. Die Industrierezession dürfte sich fortsetzen.

Die aktuelle Stimmung der deutschen Industrie ist angesichts der vielfältigen Krisen weiterhin gedrückt. Der saisonbereinigte Saldo des Geschäftsklimaindex bewegt sich seit Beginn des Ukraine-Kriegs deutlich unter der Nulllinie. Im April 2025 haben sich die Erwartungen für die kommenden sechs Monate erneut verschlechtert. Im Rahmen der DIHK-Konjunkturumfrage zum Jahresbeginn 2025 gaben 39 % der befragten Industrieunternehmen an, Kürzungen bei den Investitionen vornehmen zu wollen. Nur 22 % planen, ihr Investitionsbudget zu erhöhen. Dies dürfte sich angesichts der aktuell unsicheren Lage nicht verbessert haben.

Gewerbliche Auftraggeber sind für die Unternehmen des Bauhauptgewerbes jedoch wichtige Nachfrager. Langfristig entfallen 37 % des Branchenumsatzes auf den Wirtschaftsbau. Verschlechtert sich die Geschäftslage, sinkt mittel- und langfristig die Nachfrage nach Wirtschaftshochbauten.

Auswirkungen auf den Rohstoffmarkt und Vorleistungsgüter

Wichtige europäische Waren, die in die USA exportiert werden, stammen aus dem Fahrzeug- und Maschinenbau und umfassen chemische und pharmazeutische Erzeugnisse sowie Vorleistungsgüter. Aufgrund der erwarteten Einführung von Sonderzöllen wurden bereits vorab die Lager in den USA mit ausländischen Produkten aufgefüllt (Vorzieheffekte), denn für die amerikanische Industrie dürften durch die höheren Zölle viele importierte Vor- und Zwischenprodukte teurer werden. Dadurch dürften sich die Produktionskosten erhöhen, die an Kunden im Inland weitergegeben werden müssten. Über die globalen Wertschöpfungsketten dürfte dies zu steigenden Verbraucherpreisen in den USA führen und in der Folge die Realeinkommen der US-Amerikaner senken.

Für deutsche Stahlhersteller dürften die direkten Auswirkungen der US-Zölle in Höhe von 25 % hingegen überschaubar bleiben. Der Anteil der Exporte von deutschem Stahl in die USA beträgt lediglich 4 % der gesamten deutschen Stahlexporte. Mittelfristig könnten sich allerdings negative Effekte für den deutschen Stahlmarkt ergeben, da chinesische Stahlexporte, die ursprünglich für den amerikanischen Markt vorgesehen waren, auf den europäischen Markt umgelenkt werden und somit hierzulande möglicherweise ein Überangebot entstehen lassen. Wie groß die Umlenkungseffekte ausfallen könnten, ist laut Experten schwer abzuschätzen. In der Folge könnte sich für Bauunternehmen ein Preisrückgang bei Stahlprodukten positiv auf der Beschaffungsseite auswirken.

Auf die zukünftige Entwicklung der Baumaterialpreise in Deutschland dürften die US-Zölle zunächst nur einen begrenzten Einfluss haben, da die Beschaffung der Baumaterialien (insbesondere von Transportbeton sowie Sand und Kies) in Deutschland sehr regional geprägt ist. Mögliche Preiseffekte schlagen sich somit nicht direkt im gewerblichen Erzeugerpreisindex nieder. Der Index der Erzeugerpreise misst die in Deutschland erzeugten und im Inland verkauften Produkte. Derzeit liegen die Erzeugerpreisindizes bis einschließlich März 2025 vor. Die Preise für Baumaschinen nehmen am aktuellen Rand zu – nach starken Preissteigerungen in den beiden vergangenen Jahren 2022 und 2023 in Höhe von jeweils + 7,3 %, fallen sie jedoch vergleichsweise moderat aus (+ 2,2 % im März 2025 im Vergleich zum Vorjahresmonat).

Auswirkungen auf den Finanzmarkt

Im Rahmen der Ankündigung der US-Sonderzölle am „Liberation Day“ kam es kurzfristig zu starken Kurseinbrüchen an den Aktienmärkten. Aufgrund der hohen Unsicherheiten für Investoren halten die Schwankungen an den globalen Finanzmärkten weiterhin an. Der Dollar-Kurs ist seit Anfang April deutlich gesunken. Künftige höhere Inflationsraten dürften einen entsprechenden Einfluss auf die Zinspolitik der US-Notenbank Fed haben. Experten gehen davon aus, dass die Fed mittelfristig mit Zinssenkungen reagieren wird. Für den Euroraum wird erwartet, dass die Europäische Zentralbank ihre nächsten Leitzinssenkungen zügig umsetzt und den Einlagensatz voraussichtlich auf 2,0 % senkt. Nach sechs monatlichen Senkungen in Folge ist der Zinssatz für Hypothekarkredite auf Wohngrundstücke (Durchschnitt aller Laufzeiten) im Februar 2025 leicht auf 3,58 % gestiegen (vorläufiger Wert). Die Zinsentwicklung in den kommenden Monaten spielt eine große Rolle für Wohnungsbauinvestitionen – sowohl für Kapitalanleger als auch für private Haushalte.

Ausblick

Im Rahmen der DIHK-Konjunkturumfrage meldeten 59 % der befragten Bauunternehmen bereits zu Jahresbeginn 2025, dass sie die aktuellen wirtschaftspolitischen Rahmenbedingungen als Risiko ansehen. Inwieweit sich der Anteil in den nächsten Monaten ausweitet, bleibt abzuwarten. Die weitere Entwicklung wird sowohl von der volatilen US-Handelspolitik als auch von den Reaktionen der EU und China abhängen. Die BAUINDUSTRIE benötigt verlässliche Rahmenbedingungen und eine stetige Wirtschaftspolitik. Unsicherheiten müssen gesenkt werden, damit sich sowohl der Handel als auch die Investitionen stabilisieren. Vor diesem Hintergrund dürfte das Sondervermögen Infrastruktur positive Gegeneffekte durch Nachfrageimpulse erzielen.