Die Preissteigerungen bei Baumaterialien hatten durch den Krieg in der Ukraine einen deutlichen Schub erhalten. Monatelang kannten die Preise nur eine Richtung: nach oben. Seit Juli 2022 konnte bei einigen Materialien allerdings eine Preisberuhigung beobachtet werden, welche die vorherige Steigerung aber nicht vollständig ausgleichen konnte. Das Preisniveau lag im Oktober 2024 bei den meisten Baumaterialien noch deutlich über dem Niveau vom Jahresbeginn 2021, dem Beginn der starken Preissteigerungen (siehe Grafik unten).
Ein besonders hohes Preisniveau wird für Zement ausgewiesen: Der Preis lag im Oktober 2024 um 58,1 % über dem Niveau von Januar 2021. Die zwischenzeitig stark gestiegenen Energiekosten haben vor allem die in ihrer Produktion besonders energieintensiven Produkte belastet. Trotz Beruhigung der Energiepreise ist der Preis für Zement nicht wieder gesunken, sondern befindet sich seit Anfang 2023 auf einer Seitwärtsbewegung. Das gleiche trifft auf den Preis für Transportbeton zu: Dieser lag im Oktober um 37,2 % über dem Niveau von Januar 2021.
Der Preis für Asphalt kennt hingegen - im Trend - nur noch eine Richtung: Nach oben. Für Asphalt müssen die Unternehmen aktuell 45,4 % mehr bezahlen als zu Jahresbeginn 2021. Hier hatte sich die volatile Preisentwicklung bei Bitumen nicht partiell preisberuhigend ausgewirkt. Anscheinend erwarten die Produzenten keinen nachhaltigen Preisrückgang beim Vorprodukt Bitumen. Insgesamt lag der Preis im Oktober immer noch um 53,8% über dem Niveau zu Beginn der Preissteigerungen 2021. Er ist am aktuellen Rand aber deutlich zurückgegangen: Im September gab der Bitumenpreis binnen Monatsfrist um 4,7 % und im Oktober um 1,4 % nach und lag damit um 20,3 % unter dem Vorjahresniveau. Hier wirkt sich die von März bis September dieses Jahres zu beobachtende Preisberuhigung bei Dieselkraftstoff aus. Im Oktober wurde allerdings wieder ein Plus von 2,1 % gemeldet. Trotz des Anstiegs liegt der Preis aber noch um 14,4 % unter dem Vorjahresniveau. Dies entlastet die Kostenseite der Bauunternehmen, da 44 % des Energieverbrauchs im Baugewerbe auf Diesel entfällt, welcher für Baumaschinen benötigt wird. Experten erwarten, dass sich die Preisberuhigung - zumindest kurzfristig - fortsetzen wird, da die geopolitischen Unruhen im Nahen Osten für einen Ausverkauf am Ölmarkt sorgen. Auch sorgt die verhaltene Nachfrage aufgrund der schwächelnden Wirtschaft in China für Entspannung auf der Angebotsseite.
Die Materialengpässe und Energiepreissteigerungen hatten sich zwischenzeitig auch auf die Stahlpreise ausgewirkt: Der Preis für Betonstahl legte im Zeitraum von Januar 2021 bis Mai 2022 um 114 % zu. Von Sommer 2022 bis September 2023 war aber eine kontinuierliche Beruhigung und seit März 2024 - nach einer leichten vorherigen Steigerung - eine Seitwärtsbewegung zu beobachten. Im Oktober lag der Preis zwar immer noch leicht (+1,5 %) über dem Vorjahres- aber schon wieder stärker unter Vormonatsniveau (-2,4 %). Die starken Preissteigerungen 2021 konnten mittlerweile fast ausgeglichen werden (Okt. 2024 / Jan. 2021: +9,7 %).
Die im Rahmen der DIHK-Umfrage zum Herbst befragten Bauunternehmen schätzen das Risiko hoher Energie- und Rohstoffpreise für die wirtschaftliche Entwicklung des eigenen Unternehmens etwas geringer ein als noch zu Jahresbeginn: Während dies Anfang 2024 noch 68 % der Befragten angaben, waren es im Oktober 51 %. Angesichts des mittlerweile erreichten hohen Preisniveaus liegt der Anteil aber immer noch deutlich über dem zu Jahresbeginn 2021 (35 %).
Bei der Interpretation der o. g. Preissteigerungen muss berücksichtigt werden, dass es sich bei den Werten um Durchschnittswerte handelt, die Preissteigerungen - bzw. aktuell die Preisrückgänge - können somit auch vereinzelt deutlich höher oder niedriger ausfallen. So fließen in die Erzeugerpreise neben Preisen aus Neuverträgen auch Preise aus langlaufenden Verträgen ein. Auch muss man berücksichtigen, dass es sich nur um Preise, der in Deutschland erzeugten und im Inland verkauften Produkte handelt. Im- und Exporte werden in dieser Statistik nicht berücksichtigt. [Anmerkung: Die Indizes werden ohne MwSt. ausgewiesen.]
Gründe für die zwischenzeitig deutlichen Preisanstiege waren begrenzte Lieferkapazitäten der Hersteller, steigende Produktionskosten durch die Energiepreissteigerungen, aber auch fehlende Transportkapazitäten. Gleichzeitig wurden bei den Erzeugern - auch aufgrund der zwischenzeitig stark gestiegenen Energiekosten - Kapazitäten abgebaut oder Produktionen ganz eingestellt. Des Weiteren waren Lieferketten unterbrochen, zusätzlich herrschte Container- und Hafenpersonalmangel sowie ein Stau von Frachtschiffen und überfüllte Depots in einzelnen Häfen. Auch wurde vermehrt über „Hamsterkäufe“ zur Vorbeugung gegen weitere Preissteigerungen und Materialknappheiten berichtet, welche die Nachfrage und somit die Preise erhöhten.
Von den Knappheiten war zwischenzeitig eine noch nie dagewesene Anzahl an Unternehmen betroffen: Im Durchschnitt der Jahre 1991 bis 2020 gaben nicht einmal 1 % der im Rahmen des ifo Konjunkturtests befragten Bauunternehmen an, in ihrer Bautätigkeit durch Materialknappheit betroffen zu sein, im Mai 2022 - aufgrund der Verwerfungen durch den Krieg in der Ukraine - war es jedes zweite. Seit Juni 2022 konnte aber wieder eine anhaltende Beruhigung festgestellt werden: Der Anteil lag im Oktober 2024 nur noch bei 1,2 %.
Für Bauunternehmen liegt das Problem von unerwartetstarken Preissteigerungen darin, dass diese bei langlaufenden Projekten - deren Preis schon vorher vereinbart wurde - nicht oder nur in Ausnahmefällen an die Auftraggeber weitergegeben werden können - sofern keine Preisgleitung vereinbart wurde. Das Risiko stark steigender Preise kann entweder nur durch langfristige Lieferverträge, Preisgleitklauseln oder entsprechende Kostenpuffer im Angebot abgesichert werden. Letzteres ist bei der ausgesprochen volatilen Preisentwicklung der vergangenen Jahre, bei steigendem Konkurrenzdruck und der Neigung öffentlicher Auftraggeber, regelmäßig das billigste Angebot anzunehmen, aber nicht immer möglich. Es besteht somit die Gefahr, dass die - in den vergangenen Jahren mühsam aufgebaute - Eigenkapitalausstattung bei sinkenden Margen wieder abschmilzt und das Insolvenzrisiko im Baugewerbe wieder steigt: Für das Gesamtjahr hat das Statistische Bundesamt auch schon einen Anstieg der Insolvenzen im Bauhauptgewerbe von 25,7 % auf 1.409 gemeldet. Im Zeitraum Januar bis Juli meldet das Bundesamt einen weiteren Anstieg, und zwar um 17,4 %.
Nach einem moderaten Preisanstieg für Leistungen des Bauhauptgewerbes im Jahr 2020 von 2,5 % (ohne MwSt.) haben die Baupreise nach Berechnungen des Statistischen Bundesamtes 2021 und insbesondere 2022 deutlich angezogen: Sie lagen im Jahresdurchschnitt 2021 um 8,1 % und 2022 um 15,4 % über dem Vorjahresniveau. Aufgrund der Preisberuhigung bei einzelnen Baumaterialien und des mittlerweile erreichten hohen Niveaus der Baupreise lag die Preissteigerung im Jahresdurchschnitt 2023 bei 6,9 %. Für das laufende Jahr erwartet der Sachverständigenrat zur Begutachtung der gesamtwirtschaftlichen Entwicklung für das laufende Jahr (für die gesamten Bauinvestitionen) einen Anstieg der Baupreise von 3,0 % und für 2025 von 2,0 %.
Ob es sich bei der Entwicklung von Januar 2021 bis Sommer 2022 um einen sogenannten Superzyklus handelt, der sich bald fortsetzen wird, oder nur um eine kurzfristige Rallye - aufgrund der verringerten Produktionskapazitäten, der zwischenzeitig stark gestiegenen Nachfrage und der gestörten Lieferketten -, lässt sich jetzt noch nicht absehen. In naher Zukunft wird aber die Energiewende ein großer Treiber der Rohstoffnachfrage und somit der Preise sein. Für die Energiewende werden u.a. Stahl und seltene Erden für Windräder und Elektromotoren sowie Kupfer und Aluminium für den Ausbau der Stromnetze und der IT-Infrastruktur benötigt. Dies sind alles Produkte, die auch in der Bauwirtschaft gebraucht werden. Das Problem: Die steigende Nachfrage trifft in vielen Teilen des Marktes auf ein knappes Angebot. Neben den Knappheiten, die zu Preissteigerungen führen, verteuern auch hohe und zunehmend volatile Energiepreise die Produktion. Insgesamt gehen die meisten Experten davon aus, dass ein merklicher Rückgang der Preise nicht zu erwarten ist, vielmehr werden sie wohl auf hohem Niveau verbleiben.
Siehe auch:
Brancheninfo Bau: „Inflationsgewinner“
Brancheninfo Bau: „Preisentwicklung im Wohnungsneubau“
Brancheninfo Bau: „Preisentwicklung im Bau(haupt-)gewerbe“
Brancheninfo Bau: „Energieverbrauch und Klimaschutz im Baugewerbe – Eine Datensammlung.“