Brancheninfo Bau

Trotz leichter Preisberuhigung bei einzelnen Produkten seit Mitte 2022 sind die Preise 2024 nach wie vor auf einem hohen Niveau

 
20.08.2024

 

Die Preissteigerungen bei Baumaterialien hatten durch den Krieg in der Ukraine einen deutlichen Schub erhalten. Monatelang kannten die Preise nur eine Richtung: nach oben. Seit Juli 2022 konnte bei einigen Materialien allerdings eine Preisberuhigung beobachtet werden, welche die vorherige Steigerung aber nicht vollständig ausgleichen konnte. Das Preisniveau lag im Juli 2024 bei den meisten Baumaterialien noch deutlich über dem Niveau vom Jahresbeginn 2021, dem Beginn der starken Preissteigerungen (siehe Grafik unten).

Von Februar bis Mai 2024 wurde für einzelne Produkte auch wieder Preissteigerungen ausgewiesen. Dies hatte im Juni - ein allerdings nur vorrübergehendes - Ende gefunden: Der Preis für Bitumen ging im Juni binnen Monatsfrist um 0,9 % zurück, um im Juli wieder um 1,2 % zu steigen. Auch die Preise für Asphaltmischgut und Dieselkraftstoff sind volatil: Nach einem Rückgang im Juni um 1,3 % bzw. 0,5 % legten sie im Juli wieder um 1,4 % bzw. 0,3 % zu. Die zwischenzeitigen Rückgänge konnten die vorherigen Preissteigerungen nicht ausgleichen, die Preise liegen immer noch deutlich über dem Niveau von Januar 2021 (+71 %, +47 %, +34 %). Insbesondere bei Dieselkraftstoff, welcher für Baumaschinen benötigt wird, ist dies für die Unternehmen sehr belastend, da 44 % des Energieverbrauchs im Baugewerbe auf Diesel entfällt.

Die Materialengpässe und Energiepreissteigerungen hatten sich zwischenzeitig auch auf die Stahlpreise ausgewirkt, aber auch hier war seit Sommer 2022 eine kontinuierliche Beruhigung zu beobachten. Für Juli wurde nur ein leichter Anstieg von 0,2 % gemeldet. Im Vorjahresvergleich und im Vergleich zu Januar 2021 liegt der Preis für Betonstahl in Stäben aber wieder über dem damaligen Niveau (+ 5,0 %, bzw. + 14 %)

Die im Rahmen der DIHK-Umfrage zum Frühsommer befragten Bauunternehmen schätzen das Risiko hoher Energie- und Rohstoffpreise für die wirtschaftliche Entwicklung des eigenen Unternehmens etwas geringer ein als noch zu Jahresbeginn: Während dies Anfang 2024 noch 68 % der Befragten angaben, waren es im Mai 59 %. Angesichts des mittlerweile erreichten hohen Preisniveaus liegt der Anteil aber immer noch deutlich über dem zu Jahresbeginn 2021 (35 %). Es ist somit zu hoffen, dass es sich bei der seit Juli 2022 zu beobachtenden Preisberuhigung bei einigen Produkten um eine nachhaltigere Entwicklung handelt.

Die zwischenzeitig stark gestiegenen Energiekosten haben vor allem die in ihrer Produktion besonders energieintensiven Produkte belastet. Bei den Preisen für Zement und Transportbeton konnte zwar eine leichte Beruhigung bzw. Stabilisierung festgestellt werden, sie liegen aber immer noch sehr deutlich über dem Niveau von Januar 2021.

Bei der Interpretation der o. g. Preissteigerungen muss berücksichtigt werden, dass es sich bei den Werten um Durchschnittswerte handelt, die Preissteigerungen - bzw. aktuell die Preisrückgänge - können somit auch vereinzelt deutlich höher oder niedriger ausfallen. So fließen in die Erzeugerpreise neben Preisen aus Neuverträgen auch Preise aus langlaufenden Verträgen ein. Auch muss man berücksichtigen, dass es sich nur um Preise, der in Deutschland erzeugten und im Inland verkauften Produkte handelt. Im- und Exporte werden in dieser Statistik nicht berücksichtigt. [Anmerkung: Die Indizes werden ohne MwSt. ausgewiesen.]

Gründe für die zwischenzeitig deutlichen Preisanstiege waren begrenzte Lieferkapazitäten der Hersteller, steigende Produktionskosten durch die Energiepreissteigerungen, aber auch fehlende Transportkapazitäten. Gleichzeitig wurden bei den Erzeugern - auch aufgrund der zwischenzeitig stark gestiegenen Energiekosten - Kapazitäten abgebaut oder Produktionen ganz eingestellt. Des Weiteren waren Lieferketten unterbrochen, zusätzlich herrschte Container- und Hafenpersonalmangel sowie ein Stau von Frachtschiffen und überfüllte Depots in einzelnen Häfen. Auch wurde vermehrt über „Hamsterkäufe“ zur Vorbeugung gegen weitere Preissteigerungen und Materialknappheiten berichtet, welche die Nachfrage und somit die Preise erhöhten.

Von den Knappheiten war zwischenzeitig eine noch nie dagewesene Anzahl an Unternehmen betroffen: Im Durchschnitt der Jahre 1991 bis 2020 gaben nicht einmal 1 % der im Rahmen des ifo Konjunkturtests befragten Bauunternehmen an, in ihrer Bautätigkeit durch Materialknappheit betroffen zu sein, im Mai 2022 - aufgrund der Verwerfungen durch den Krieg in der Ukraine – war es jedes zweite. Seit Juni 2022 konnte aber wieder eine anhaltende Beruhigung festgestellt werden: Der Anteil lag im Juli 2024 nur noch bei 1,5 %.

Einer aktuellen Studie der Commerzbank zu Folge könnten die Preise in Kürze aber wieder deutlicher steigen. Zunehmende Verspätungen und Staus auf den Weltmeeren - jeder zwölfte Container weltweit stecke aktuell im Stau - verlängere die Reisezeit. Je länger die Frachtraten erhöht bleiben, umso wahrscheinlicher steigen auch die langfristigeren Vertragsraten, die große Importeure mit den Reedereien direkt schließen. Auf diese Weise würden hohe Transportkosten für einen Zeitraum von etwa einem Jahr festgeschrieben. Das erhöht die Preise für Konsumgüter und die Preise für Vorprodukte der Unternehmen. Verantwortlich für die hohen Transportkosten sind den Angaben zufolge Nachwirkungen der Angriffe der jemenitischen Huthi-Miliz im Roten Meer, die damit die radikale Palästinenser-Organisation Hamas im Gaza-Krieg unterstützen will. Reedereien leiten deshalb ihre Frachtschiffe auf den Routen zwischen Ostasien und Europa größtenteils um Südafrika um.

Für Bauunternehmen liegt das Problem von unerwartet starken Preissteigerungen darin, dass diese bei langlaufenden Projekten - deren Preis schon vorher vereinbart wurde - nicht oder nur in Ausnahmefällen an die Auftraggeber weitergegeben werden können - sofern keine Preisgleitung vereinbart wurde. Das Risiko stark steigender Preise kann entweder nur durch langfristige Lieferverträge, Preisgleitklauseln oder entsprechende Kostenpuffer im Angebot abgesichert werden. Letzteres ist bei der ausgesprochen volatilen Preisentwicklung der vergangenen Jahre, bei steigendem Konkurrenzdruck und der Neigung öffentlicher Auftraggeber, regelmäßig das billigste Angebot anzunehmen, aber nicht immer möglich. Es besteht somit die Gefahr, dass die - in den vergangenen Jahren mühsam aufgebaute - Eigenkapitalausstattung bei sinkenden Margen wieder abschmilzt und das Insolvenzrisiko im Baugewerbe wieder steigt: Für 2023 hat das Statistische Bundesamt auch schon einen Anstieg der Insolvenzen im Bauhauptgewerbe von 25,7 % auf 1.409 gemeldet.

Nach einem moderaten Preisanstieg für Leistungen des Bauhauptgewerbes im Jahr 2020 von 2,4 % (ohne MwSt.) haben die Baupreise nach Berechnungen des Statistischen Bundesamtes 2021 und insbesondere 2022 deutlich angezogen: Sie lagen im Jahresdurchschnitt 2021 um 7,5 % und 2022 um 16,7 % über dem Vorjahresniveau. Aufgrund der Preisberuhigung bei einzelnen Baumaterialien und des mittlerweile erreichten hohen Niveaus der Baupreise lag die Preissteigerung im Jahresdurchschnitt 2023 bei 7,0 %. Aufgrund der deutlichen Nachfrageschwäche insbesondere im Wohnungsbau erwarten die Wirtschaftsforschungsinstitute (im Durchschnitt) für das laufende Jahr (für die gesamten Bauinvestitionen) nur noch einen Anstieg der Baupreise von 1,8 %.

Ob es sich bei der Entwicklung von Januar 2021 bis Sommer 2022 um einen sogenannten Superzyklus handelt, der sich bald fortsetzen wird, oder nur um eine kurzfristige Rallye - aufgrund der verringerten Produktionskapazitäten, der zwischenzeitig stark gestiegenen Nachfrage und der gestörten Lieferketten -, lässt sich jetzt noch nicht absehen. In naher Zukunft wird aber die Energiewende ein großer Treiber der Rohstoffnachfrage und somit der Preise sein. Für die Energiewende werden u.a. Stahl und seltene Erden für Windräder und Elektromotoren sowie Kupfer und Aluminium für den Ausbau der Stromnetze und der IT-Infrastruktur benötigt. Dies sind alles Produkte, die auch in der Bauwirtschaft gebraucht werden. Das Problem: Die steigende Nachfrage trifft in vielen Teilen des Marktes auf ein knappes Angebot. Neben den Knappheiten, die zu Preissteigerungen führen, verteuern auch hohe und zunehmend volatile Energiepreise die Produktion. Insgesamt gehen die meisten Experten davon aus, dass ein merklicher Rückgang der Preise nicht zu erwarten ist, vielmehr werden sie wohl auf hohem Niveau verbleiben.

Siehe auch:

Brancheninfo Bau: „Inflationsgewinner

Brancheninfo Bau: „Preisentwicklung im Wohnungsneubau

Brancheninfo Bau: „Preisentwicklung im Bau(haupt-)gewerbe

Brancheninfo Bau: „Energieverbrauch und Klimaschutz im Baugewerbe – Eine Datensammlung.